stillbild: Der Preis war heiß
Diesen Sommer stellen taz-KorrespondentInnen in loser Folge ihre berückendsten und bedrückendsten Fernseherfahrungen und TV-Highlights aus aller Welt vor. Heute: Schweden
„Antikrundan“ heißt Antiquitätenrunde. Und eigentlich gehört die Sendung am frühen Nachmittag zwischen einem besser verschollen gebliebenen Filmwerk von 1947 und der 12. Wiederholung eines Naturprogramms gnädig versteckt. Aber nein, zu bester Sendezeit schafft sie auch noch regelmäßig den Sprung unter die Quotenhits.
Der Ablauf ist immer gleich: Das Fernsehteam hat eine Tour ins weite Land gemacht, um in einem Gemeindesaal der BewohnerInnen der Umgebung zu harren. Und deren mehr oder weniger antiken Besitztümer. Denn um die und deren Wert geht es. Da taucht dann die alte Frau mit dem geerbten Silberlöffel, der Lehrer mit dem Alterswerk des einheimischen Malers und der Bauer mit der Wiege, in welcher er einst selbst lag, auf. Um endlich einmal mehr über das „Wie alt“, „Woher“, „Wozu“, „Warum“ dieses Gegenstands zu erfahren. Und vor allem dessen Marktwert. Diese Frage ist Höhepunkt jedes Gesprächs, das der Programmleiter – ein wandelndes Antiquitätenlexikon – mit seinen Gästen führt. Erst erfährt man, was man alles nicht bekommt. „Nein, die Tasse ist nicht 200 Kronen wert, auch nicht 300. Jetzt halten Sie sich aber gut fest. Sie ist ganze 500 Kronen wert!“
Nichts trübt das Idyll. Alles scheint immer viel wertvoller, älter, interessanter, besser erhalten als in den kühnsten Träumen erhofft.
Doch glaube nun niemand, „Antikrundan“ sei die platteste Sendung, die das schwedische Fernsehen zu bieten hat. Diesen Rang macht kein Programm der stundenlangen Direktübertragung vom Nobelpreisabendessen oder „Ein Jahr mit dem Königshaus“ streitig. Straßenfeger im Übrigen auch diese. Aber glücklicherweise nur einmal im Jahr. REINHARD WOLFF
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