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Jäger jagt Sammlerin

Lauter komische Geschlechterrollen in der deutschen Uraufführung von „Caveman“

von ESTHER SLEVOGT

Heutzutage ist es offenbar ein bemitleidenswerter Zustand, Mann zu sein. Egal, was er macht: Am Ende steht er sowieso als „Scheißkerl“ da. Hält mann frau die Tür auf, ist sie beleidigt. Denn: Frau kann das allein. Tut mann es nicht, ist es auch wieder nicht richtig. Was bleibt, ist ein gebückter Gang und ein dauernd gestottertes „Entschuldigung!“ Der Haltungsschaden musste schließlich beim Orthopäden behandelt werden. Dort traf er Heike, die ihm heilende Hände auf Körper und Seele legte. Heike! Aber mit ihr lief es dann auch nicht. Jetzt hat sie ihn vor die Tür gesetzt, in Pantoffeln und Morgenmantel. „Geh doch zurück zu deinen Höhlenkumpeln, du Neanderthaler“, hat sie zu ihm gesagt. Und er versteht nicht, was sie von ihm will.

Er, das ist „Caveman“, Protagonist des erfolgreichsten Solostückes, das jemals am New Yorker Broadway lief. Geschrieben hat es Rob Becker. Man liest, dass er drei Jahre daran gearbeitet hat, bevor „Defending the caveman“, so der Originaltitel, 1991 in einem Comedy Club in San Francisco uraufgeführt wurde, und von dort via Broadway seinen Siegeszug durch die Welt antrat. Nun ist das Stück in Berlin angekommen. Schauspielerin und Comedy-Star Esther Schweins hat inszeniert. Übersetzt hat das Stück Kristian Bader, der den Caveman nun auch spielt.

Und so bekommen wir tiefe Einblicke in die frühgeschichtlichen Ursachen der Beziehungsstörungen zwischen Mann und Frau: Wir kommen einfach aus zwei verschiedenen Kulturen, klärt uns der Caveman auf, dem sein Urahn, der Neanderthaler zuvor im Bierrausch erschienen ist. Der Mann stammt vom Jäger ab, die Frau von der Sammlerin. Er trägt den Speer, sie das Körbchen. Nicht bloß in der Hand, sondern auch unterm Rock bzw. in der Hose. Männer konzentrieren sich auf ihr Ziel und erlegen es dann. Frauen sammeln und zwar nicht zu knapp. Sie kann viel auf eimal, er immer bloß eine Sache. Sie ist kooperationstrainiert, er ein Einzelkämpfer. Sie redet mehr, er eher weniger. Und so geht es weiter.

Mit oft drastischen und hochkomischen Gesten illustrtiert Bader die „Caveman-Theorie“. Manchmal ist die ganze Bühne von schnatternden Frauen oder dumpf grummelnden Männern bevölkert: Obwohl Bader ja faktisch immer allein ist. Dann steht der Neanderthaler höchstpersönlich da und schließlich wieder der moderne Mann in seiner Eigenschaft als armes Würstchen. Es geht um winzige Alltagssituationen, die schon manche Beziehung zum Einsturz brachten. Der gemeinsame Einkaufsbummel, Sex, ein netter Abend mit Freunden. Die Zuschauer sind begeistert, es kichert und gluckst durch sämtliche Schichten. „Woher kennt der uns so gut?“, fragt in der Pause eine Frau ihren Begleiter.

„Caveman“ ist kluges und mit spürbarem Spaß entstandenes Boulevardtheater über die Frage, ob der Mann ein biologisches und gesellschafliches Auslaufmodell ist und deswegen für sich Artenschutz reklamieren sollte. Bloß der Spielort Arena könnte dem Erfolg des Unternehmens im Wege stehen. Bekannt eher für Popkonzerte und monumentale Theateraufführungen, wie zuletzt „Schlachten“ und demnächst Peter Steins „Faust“, ist dies kein Ort fürs Boulevard. Am Kurfürstendamm könnte „Caveman“ mühelos zum Publikumsrenner werden – wie schon Yasmina Rezas „Kunst“. Im Neubau-Nowhere-Land an den Treptowers wird das schwieriger sein.

Bis 27. 8. in der Arena, Eichenstraße 4 Treptow tgl. außer Mo. 20.30 Uhr. Karten: 53 32 03-0

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