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Glaubenskriegder Gratisblätter

BERLIN/KÖLN taz ■ Deutschland, deine Gratiszeitungen: Alle wollen expandieren, keine macht bisher Gewinn, und auch die Strategien für eine ungewisse Zukunft könnten unterschiedlicher nicht sein.

20 Minuten Köln stellte gestern erstmals Marktdaten vor, die dem über Verteilkästen in der U-Bahn vertriebenen Morgenblatt immerhin einen hohen Bekanntheitsgrad bescheinigen: 92,1 Prozent der Kölner können mit dem Namen der zum norwegischen Medienkonzern Schibsted gehörenden Zeitung etwas anfangen. Die von den Verlagen DuMont-Schauberg und Springer gegen 20 Minuten auf den Markt geworfenen ebenfalls kostenlosen „Abwehrblätter“ Kölner Morgen bzw. Köln Extra liegen deutlich niedriger. Und vor allem die 20-Minuten-Glaubensseite mit kirchlichen Themen erfreut sich in der Domstadt großer Beliebtheit.

Ganz umsonst war dieser Erfolg nicht: „Einige Millionen“ seien da schon ins Land gegangen, sagte 20 Minuten-Geschäftsführer Norbert Spindler, von Kostendeckung könne keine Rede sein: Der Break-Even kommt nicht vor 2002. Und neue Ausgaben in anderen Großstädten, wiederholte Chefredakteur Klaus Kelle das bekannte Schibsted-Mantra, seien in Planung. Mehr aber auch nicht. Gerüchte, nach denen das Unternehmen immerhin schon mal über einen Druckstandort in Hamburg verhandle, wurden energisch dementiert.

Ganz anders die Situation stromaufwärts in Freiburg: Da will Michael Zäh Zeitung zum Sonntag (ZuS) wieder einmal ausweiten – jetzt im kostenpflichtigen Abonnement. Von Montag bis Donnerstag sollen sich ab November mindestens 5.000 Zahlungswillige finden, am Freitag und Sonntag gibt’s das bisher dreimal wöchentlich erscheinende Blatt weiterhin umsonst.

In der Welt kündigte Zäh sogar vollmundig an, mit der ZuS schon im Oktober die Gewinnphase einzuläuten. Insider gehen allerdings davon aus, dass genau das Gegenteil der Fall ist: Zum Börsengang im Juli fand nur jede 20. Aktie einen Käufer, auf dem Rest sitzt jetzt die Baader Wertpapierbank. Von der, so heißt es, gehe jetzt der finanzielle Druck auf Zäh aus. PAB/STG

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