: Reformer unter sich
Der Yogi-Flieger als Baumstamm, der Antiglobalisierer als Lokomotive: Die einst von Ross Perot gegründete Reformpartei der USA hält Parteitag
LONG BEACH taz ■ Die US-amerikanische Reformpartei ist im Begriff, sich zu spalten, in einen rechten und einen, nun ja, irgendwie linken Flügel. Die Partei wurde zuletzt vor acht Jahren bekannt, als sie in Gestalt ihres Führers Ross Perot die politische Bühne betrat. Perot war ein texanischer Milliardär, der die konventionellen Parteien geißelte und fast 20 Prozent der Stimmen gewann – eine Sensation. Daraus ging die Reform Party USA hervor, die Themen besetzte, die dieses Jahr John McCain populär machten, wie die Reform der Wahlkampffinanzierung.
Die Reformpartei wurde zugleich zur Ersatzpartei für rechte Republikaner, die in ihrer eigenen Partei nichts werden konnten. Erst war da der fette und ultrarechte Senator Bob Smith aus New Hampshire, der mit Gottesfurcht und Besuchen beim kleinen Kubaner Elian Präsident werden wollte, seine Kandidatur aber noch vor Beginn der Vorwahlen zurückzog und erfolglos eine neue Heimat sucht.
Dann kam Pat Buchanan. Das ist Le Pen und Schirinowski in einem, ein Rechtspopulist, der sich dieses Jahr zum dritten Mal erfolglos für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner beworben hat. Buchanan ist gegen Globalisierung, Freihandel, Abtreibung, Homosexualität, Amerikas Engagement in der Welt und vor allem gegen Einwanderung. Buchanan machte sich daran, die Reformpartei zu erobern, wobei ihm deren besonderes Verhältnis zum Internet half. Delegierte dieser Partei nämlich konnten von jedem Interessierten per Internet nominiert und gewählt werden. Damit übernahm Pat Buchanan allmählich die Partei. Darüber sind Perots alte Getreue nicht glücklich.
Für sie tritt John Hagelin an. Das ist der Kandidat der Naturgesetzpartei. Er ist Naturwissenschaftler und Quantumphysiker und meditiert gerne. Amerika und die Welt will er durch yogisches Fliegen retten.
Sie alle treffen sich seit Donnerstag im kalifornischen Long Beach. Das ist die Hafenstadt von Los Angeles, wo am Montag der Parteitag der Demokraten beginnt. Der verspricht so stinklangweilig zu werden wie der Parteitag der Republikaner. In Long Beach aber geht es hoch her. Da sind Hagelins Anhänger ausgezogen, während Buchanan verkündet, Hagelin sei ein Baumstamm, der, auf die Schienen seiner Kampagne geworfen, seine rasende Lokomotive nicht mal verlangsamen werde.
Am Ende dürften aus Long Beach zwei Kandidaten hervorgehen, die sich nicht um Wähler streiten werden, sondern um 13 Millionen Dollar. Die stehen der Reformpartei an staatlicher Wahlkampffinanzierung zu, weil sie auch 1996 mehr als 5 Prozent der Stimmen gewann. Ross Perot sitzt derweil in Dallas und rührt sich nicht. PETER TAUTFEST
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