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Entschädigung für Zwangsarbeiter
Während des Zweiten Weltkriegs haben die Deutschen vor allem aus den besetzten Gebieten Mittel- und Osteuropas etwa zehn Millionen Menschen nach Deutschland verschleppt: Diese Zwangsarbeiter mussten in der Regel unter strengster Bewachung, katastrophalen hygienischen Bedingungen und mit Hungerrationen schwerste körperliche Arbeit für deutsche Unternehmen leisten. Auch in Konzentrationslagern wie Auschwitz wurden Millionen Menschen ausgebeutet – viele überlebten die Arbeit nicht.
Nach langen Verhandlungen haben sich die deutsche Wirtschaft und die Bundesregierung entschlossen, Zwangsarbeiter zu entschädigen. Vor allem die Verschleppten aus den besetzten Staaten im Osten haben bisher meist keinerlei Wiedergutmachung erhalten. Vor gut einer Woche beschloss der Bundestag die Errichtung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ zur Entschädigung der noch lebenden ehemaligen Zwangsarbeiter. Bundesregierung und Wirtschaft wollen je fünf Milliarden Mark geben. Die Wirtschaft hat aber erst 3,2 Milliarden Mark gesammelt.
Dennoch können ehemalige Zwangsarbeiter nun Anträge auf Entschädigung stellen. Die Antragsfrist beträgt in der Regel acht Monate. Anträge über die „International Organization for Migration“ (IOM) sind zwölf Monate möglich. Sie unterhält Regionalbüros in 80 Ländern.
Die Bearbeitung und die Auszahlung der Beträge sollen Partnerorganisationen in Polen, Tschechien, Weißrussland, Ukraine und in Russland übernehmen. In den übrigen Ländern wird neben der IOM noch die Jewish Claims Conference zuständig sein. Die Antragsteller müssen ihre Leistungsberechtigung durch Unterlagen nachweisen. Für Zwangsarbeiter aus KZs und Lagern gibt es bis zu 15.000 Mark. Wer für Industrie oder öffentliche Betriebe schuften musste, bekommt höchstens 5.000 Mark. Ob und wie Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft entschädigt werden, ist noch offen. GES
Die Vorläufige Anschrift der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ lautet: Mauerstraße 39–40, 10117 Berlin
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