Die Zukunft der Charité ist ungewiss

Ein hilfloser Wissenschaftsstaatssekretär verärgerte die Charité-Beschäftigten. Senat berät nächste Woche

Das Szenario, das die Charité-Personalräte gestern bei einer Personalversammlung des Uni-Klinikums darlegten, hatte es in sich: Wenn der Senat die 400 Millionen Mark für die Sanierung des Bettenhochhauses nicht doch noch bewilligt, droht dem Standort Mitte das Aus. In zwei Jahren laufen die Sondergenehmigungen für das sanierungsbedürftige Gebäude aus. „Dann können wir den Laden dichtmachen,“ sagte ein Personalrat. 3.500 Mitarbeiter würden dann arbeitslos.

Was Wissenschaftsstaatssekretär Josef Lange diesem gewerkschaftlichen Schreckensszenario entgegenzusetzen hatte, war ausgesprochen dürftig. „Ich teile Ihre Sorge, dass die Investitionen – wenn es bei der Entscheidung bleibt – erst gegen Ende dieses Jahrzehnts kommen. Was das für den Betrieb bedeutet, kann ich nicht beurteilen.“

Lange, der erst seit Januar dieses Jahres im Amt ist und neu nach Berlin kam, zog sich mit einem Verweis auf die Koalitionsvereinbarung aus der Verantwortung. Dort hatten CDU und SPD im Dezember 1999 festgelegt, die Bauinvestitionen an den beiden Unikliniken Charité und Steglitz auf Eis zu legen. Ausgenommen sind nur zwei kleinere Projekte. Erst ab 2004 sollen wieder Gelder fließen.

In Verhandlungen mit Finanzsenator Peter Kurth (CDU) versucht Lange derzeit, die Sanierung der Charité doch noch in der Investitionsplanung für die Haushaltsjahre 2002 – 2004 unterzubringen. Nächste Woche soll darüber der Senat entscheiden. „Daran, dass es noch keine Einigung gibt, können Sie erkennen, dass die Verhandlungen ausgesprochen zäh sind“, sagte Lange.

Bei den Beschäftigten in dem bis auf den letzten Platz besetzten Großen Hörsaal lösten derart unkonkrete Informationen Kopfschütteln und Empörung aus. „Ich gebe zu, dass Ihre präzisen Fragen damit nicht beantwortet sind“, sagte Lange hilflos. „Dazu müssen Sie die Parteivorsitzenden und die Fraktionschefs von CDU und SPD einladen.“ Die Gewerkschafter Ernst-Otto Kock (ÖTV) und Heike Spiess (DAG) warfen ihm daraufhin vor, sich aus der politischen Verantwortung zu stehlen.

Ein Mitarbeiter rief mit erregter Stimme: „Nach dem, was ich hier gehört habe, prophezeie ich Ihnen: Die Besten werden sich woanders eine Stelle suchen, und die Jüngeren werden ins Ausland gehen. Dann kann Bundeskanzler Schröder eines Tages eine neue Green-Card-Initiative starten.“ DOROTHEE WINDEN