Anderssein strengt an

International, für alle, die rein dürfen: Studentinnen der Internationalen Frauenuniversität ziehen Halbzeit-Bilanz.  ■ Von Sandra Wilsdorf

„Wir sind alle anders“, sagt Therona Moodley aus Südafrika. Und das macht die Internationale Frauenuniversität (ifu) so großartig wie anstregend. Drei Monate lang studieren rund 900 Frauen aus 115 Ländern in Hannover, Kassel, Bremen, Clausthal, Suderburg und Hamburg zu verschiedenen Themen. Nach sechs Wochen war ges-tern die Hälfte ihrer „100 Tage für 100 Jahre“ herum. Zeit für ein öffentliche Reflektion: Irgendwo zwischen einmalig großartig und sehr anstrengend, urteilen die Frauen. Jürgen Lüthje, Präsident der Hamburger Universität Hamburg, Helga Schuchardt, einst niedersächsische Bildungsministerin und ifu-Aufsichtsratsvorsitzende und Hamburgs Ausländerbeauftragte Ursula Neumann waren gekommen. Und viele der 140 Hamburger ifu-Studentinnen: Die nannten die Erfahrung zwar immer wieder „great“, „wonderful“ und „challenging“, sarten aber auch nicht mit Kritik.

Und die setzt schon bei den deutschen Botschaften in ihren Heimatländern an. Govind Kelkar beispielsweise, eine international renommierte Wissenschaftlerin, die am thailändischen „Asian Institute of Technology“ lehrt, erzählt, wie schwierig es war, ein Visum für die drei Monate ifu zu bekommen. „Die deutschen Botschaften sind einzigartig streng.“ Es habe vieler Monate und noch mehr offizieller Schreiben bedurft, bis die Deutschen sie endlich für drei Monate in ihr Land lassen wollten. Ihr Mann, mit dem sie an einem Buch arbeitet, musste in Thailand bleiben. „So waren wir schon erschöpft und gedemütigt, bevor wir hier überhaupt ankamen.“ Auch Therona Moodley klagt: „Die tun so, als wollten wir hier bleiben, dabei wollen wir doch alle wieder zurück nach Hause.“ Etliche der Studentinnen haben das Visum nur für 90 Tage bekommen. Die ifu dauert 92.

Sie alle sind sich weitgehend einig, dass der ifu-Stundenplan ihnen zu wenig Zeit für individuelles Arbeiten und Freizeit lässt. Einige fühlen sich in die Stadt nicht richtig eingebunden, wünschen sich Paten. „Ich kenne Hamburg nur durch seine U-Bahn, nicht durch seine Menschen“, sagt Terry aus Kanada.

Und dann ist auch das nicht immer nur „great“, was die ifu ausmacht: Das Zusammensein mit vielen Frauen aus unterschiedlichsten Kulturen, von denen jede ein anderes Englisch spricht, sei anstrengend. „Am Anfang war ich verwundert, dass die Europäerinnen immer gleich sagen, was sie denken. Jetzt weiß ich das einzuschätzen“, sagt eine Türkin.

Kritik gibt es auch am Inhalt: „Ich finde, wir müssen mehr darüber reden, wie Frauen Entscheidungen mitgestalten können, wie sie politischen Einfluss gewinnen“, sagt eine Teilnehmerin. Für ihren Geschmack werde zu viel über Computer gesprochen. „Bei uns in Afrika gibt es Kriege, und es gibt Gegenden ohne Strom, ohne Computer und ganz ohne Internet.“

Zudem klagen alle über ein sehr deutsches Problem: „Ich komme aus Afrika, Sonne ist für mich heiß“, sagt eine Frau. „Hier habe ich eine neue Sonne kennengelernt und eine neue Art von Sommer.“