: Gehäckselte Käfer
Hamburger Baumarkt-Kette wirbt mit Umwelt-Zertifikat und verkauft Laubstaubsauger ■ Von Kaija Kutter
Die Kastanien sind schon reif und zwei, drei gelbe Blätter finden sich auch schon an den Bäumen. Keine Frage, der nächste Herbst kommt bestimmt. Doch während sich Spaziergänger auf die Farbenpracht freuen, denken Hobbygärtner an die Arbeit, die das Wegschaffen des abgefallenen Laubes mit sich bringt. Und in nicht wenigen Hamburger Vororten beginnt dann wieder der heimliche Wettbewerb: wer hat den bestgefegten Vorgarten.
Da kommt das Angebot der Woche der Baumarkt-Kette „Max Bahr“ gerade recht. Nicht mal 100 Mark zahlen und der „Profi-Laubsauer“ mit Saug- und Blasfunktion und integriertem Hächselwerk gehört ihnen. Also nicht mehr mühsam die ganzen Blätter mit der Harke zusammenfegen, Laubsaugen macht zwar Lärm, ist aber fast so bequem wie Staubsaugen.
Wäre da nicht die eindringliche und alljährliche Warnung des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu): „Laubstaubsauger verwüs-ten unsere Gärten und Parks.“ Die „energiezehrenden Geräte“ saugten mit dem Laub auch die Kleintierwelt auf und „häckseln sie“, heißt es in einer Nabu-Mitteilung, Dabei seien diese Tierchen als Nahrung für Vögel im Winter unbedingt notwendig. Auch leisten Regenwürmer, Schnecken, Tausendfüßler, Pilze und Bakterien wichtige Arbeit, wenn sie die Blätter zu Humus verarbeiten. Wird aber alles Laub weggesaugt, wird der Nährstoffkreislauf unterbrochen und es muss „zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit“ nachgedüngt werden, warnt der Nabu-Biologe Uwe Westphal.
In der „Max Bahr“-Zentrale an der Wandsbeker Zollstraße hat man – wie in anderen Baumärkten, die dieses Produkt verkaufen, auch – von derartigen Einwänden offenbar noch nichts gehört. Gleichwohl wirbt die Kette, die bundesweit 76 Filialen betreibt, damit, Deutschlands erster Baumarkt mit „geprüftem Umweltmanagement“ nach „DIN ISO 14001“ zu sein. „Mehr Schutz für Natur und Mensch“, steht in einem Faltblatt, das seit drei Wochen an den Eingängen verteilt wird, illustriert mit dem Foto eines großen, gesunden Baumes, daran jede Menge künftiges Laub.
„Wir sind nicht auf unsere Produkte hin geprüft worden, sondern nur auf unser Umweltverhalten“, erklärt Marketing-Leiter Jürgen Stüber. So werde der Baumarkt künftig den eigenen Energieverbrauch senken, den Abfall recyclen und für die Werbung umweltfreundliches Papier verwenden. Darüber hinaus sei das Familienunternehmen bereit, im Rahmen einer „freiwilligen Selbstkontrolle“ umweltgefährdende Produkte durch umweltverträgliche zu ersetzen. Stüber: „Ob wir den Laubsauger kurzfristig ersetzen können, müssen wir sehen.“
Die Suche nach einem Alterna-tivprodukt dürfte so mühsam nicht sein. Es hat einen langen Stil und vorne viele Zinken. Zwar ist seine Handhabung mühsam. Aber wer nur halb so viele Blätter harkt wie vorstadtüblich – auf Wegen und Rasenflächen, wo es nötig ist – und den Rest unter Bäumen und Sträuchern liegen lässt, baut damit Igeln, Kröten und Spitzmäusen ihre Winterquartiere.
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