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Fusions-Fieber Carsharing

■ Drei Mal Carsharing in Bremen: Beim kleinen Verein, im etablierten Stadtauto oder beim neuen Konkurrenten Car-Pool, der Auto-Teiler-Markt wird neu gemischt

Anno 1990, Bremen, Lagerhaus: Ein Öko-Trüppchen gründet mit ein paar Gebrauchtwagen einen Verein zum „organisierten Auto-Teilen“. Zehn Jahre später, Bremen, Lagerhaus: Das Unternehmen ist nicht wiederzuerkennen. Aus Stadtauto wurde Cambio – nach der Fusion mit den Car-Sharern in Köln und Aachen. Und aus 24 Mitgliedern sind 2.100 Kunden allein in Bremen geworden. Das Resümee der Geschäftsführerin Kerstin Homrighausen: „Die ganze Car-Sharing-Branche boomt.“

Auch in Bremen tobt das Geschäft: Ab Oktober zieht mit Car-Pool frische Konkurrenz in die Hansestadt. Mit rund 30 Autos will das neue Unternehmen der Luft-hansa und der Autoleasing ALD an den Start gehen, die bisher Stationen in Wiesbaden, Bielefeld und Köln betreiben.

Die neue Konkurrenz aus Frankfurt schreckt die alten Hasen der Cambio noch gar nicht. „Wir schlottern nicht vor Angst“, meint Homrighausen: „Trotzdem nehmen wir das Ernst.“ Jetzt soll erstmal in die Technik investiert werden, um sich für den neuen Markt zu rüsten. Für die Zukunft könnte sich Homrighausen weitere Kooperationen zum Beispiel mit Wohnungsbaugesellschaften in Bremen vorstellen. Außerdem will cambio nach Belgien expandieren, nachdem es schon im Saarland Car-Sharing installiert hat.

Car-Pool Projektleiter Hartmut Greiser dagegen hat „im Moment zwei Kochtöpfe auf dem Bremer Herd“: Eine Auto-Station für Lufthansa- und Airportmitarbeiter am Bremer Flughafen, die nächsten Monat eröffnet wird. Die zweite heiße Flamme der Frankfurter ist die Bremer Straßenbahn AG (BSAG), mit der auch schon Cambio kooperiert. Nächste Woche soll es weitere Gespräche zwischen Car-Pool und BSAG geben, um über die Monatstickets einen Zugang zu den Autos von Car-Pool anzubieten. „Wir kennen die Firma und es hat Gespräche gegeben“, so die knappe Bestätigung der BSAG. Einer möglichen Zusammenarbeit mit Car-Pool wolle man noch nicht vorgreifen.

„Wissenschaftliche Untersuchungen sagen immer wieder, dass sich der Markt tierisch lohnen würde“, meint Homighausen. Bis zu sechs Millonen potentielle Nutzer in Deutschland wären drin. Als direkte Konkurrenten sehen sich Cambio und Car-Pool deshalb noch nicht: Während die Frankfurter nur Tagestarife anbieten und vor allem Langstrecken-Fahrer im Visier haben, deckt Cambio den „Ultra-Kurz-Bereich“ von weniger als 12 Stunden ab: die Ikea-Fahrt oder der Nachmittag bei der Oma.

„Eine Minute Smart-fahren kostet 12 Pfennig“, wirbt Homrighausens: „Soviel wie ein Ferngespräch.“ Bei Car-Pool würde eine 24 stündige Twingo-Ausleihe 45 Mark kosten (inklusive Vollkasko und sämtlichen Kilometern). Im Gegensatz zu Cambio braucht ein Car-Pool-Nutzer nicht zu reservieren: „Der Kunde muss nichts organisieren, er kommt und fährt einfach los“, verspricht Greiser.

Aus den frühen Öko-Anbieter wie Stadtauto sind inzwischen moderne Dienstleister geworden, meint Homrighausen. „Für die meisten ist CO2-Abbau nur noch ein Zusatz-Nutzen.“ Heute schätzt die „witzig-dynamisch“ gewordene Kundschaft aus der EDV vor allem den Service: Kein Stress mit TÜV, Tanken, Reparaturen.

Ein kleiner Bremer Verein blieb im Fusions-Fieber auf der Strecke: „Wir hatten nicht so gute Chancen“, gesteht Hermann Tannen von TeilAuto nach ebenfalls knapp zehn Jahren auf dem Bremer Markt. Inzwischen ist der ehrenamtliche Trupp auf vier Autoausleiher geschrumpft, die sich einen Twingo teilen. „Das war mal größer, aber mit der Zeit sind die Leute weggezogen“, meint Tannen, der auf bessere Zeiten und zwei weitere Autos hofft. Angst vor der Zukunft im umkämpften Car-Sharing-Bereich hat er nicht: „Wir sind so klein, wer will uns da schon schlucken.“ pipe

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