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Radcke turbulent gewählt

Die frühere Bundessprecherin der Grünen, Antje Radcke, wurde in Hamburg zur neuen Landeschefin gewählt. Grüne Jugend will das Schiedsgericht anrufen. Radcke war zunächst deutlich gescheitert. Wahl wurde wiederholt. Chaotische Auszählung

von PETER AHRENS

Antje Radcke ist zurück in der Politik. Die 40-jährige frühere Bundessprecherin von Bündnis 90/Die Grünen wurde am Samstag auf einem turbulenten Wahlparteitag zur Landeschefin der Hamburger Grün-Alternativen Liste (GAL) gewählt und soll die Partei in den Wahlkampf für die Bürgerschaftswahl 2001 führen. Zweiter Sprecher wurde der Realo Kurt Edler.

Radckes Kür hat aber möglicherweise ein Nachspiel. Die Grüne Jugend Hamburgs erwägt, das Landesschiedsgericht anzurufen, um die Rechtmäßigkeit der Wahl zu überprüfen. „Hanebüchen“, so Daniel Eiduzzis, Vorstandsmitglied der Junggrünen, sei das, was sich am Samstag abgespielt habe.

Radcke, die von 1996 bis 1998 der Hamburger Landespartei schon einmal vorgestanden hat, war im ersten Wahlgang gegen die 25-jährige Jurastudentin Heike Opitz angetreten und mit 104:107 Stimmen unterlegen. Weil sich aber herausstellte, dass ein Stimmzettel zu viel abgegeben worden war, wurde der Durchgang annulliert und wiederholt. Nun lag Radcke mit 103:101 Stimmen plötzlich vorn. Bei nochmaligem Nachzählen stellte sich dann heraus, dass der ursprüngliche Wahlgang doch korrekt gewesen war. Aber da war die Entscheidung für die Wiederholung der Wahl schon gelaufen.

„Mauschelei“ wurde darauf dem Tagungspräsidium von den Junggrünen vorgeworfen. Ein Antrag, die Tagungsleitung abzusetzen, scheiterte. Der Wahlsieg Radckes ist auch gleichzeitig eine Niederlage für Hamburgs stellvertretende Bürgermeisterin Krista Sager. Sie und Radcke sind sich in herzlicher Abneigung verbunden. Sager hatte im Vorfeld der Wahl keinen Hehl daraus gemacht, dass Opitz ihre Wunschvorsitzende sei, auch wenn sie nach der Wahl schmallippig mitteilte: „Das ist natürlich ein Ergebnis, mit dem ich leben kann.“ Radcke kündigte nach der Wahl in Richtung Sager lediglich an: „Wir werden uns zusammensetzen und eine Basis finden müssen.“ So ganz unzufrieden mit dem Wahlsamstag kann aber auch Sager tatsächlich nicht sein. Denn mit dem 50-jährigen Lehrer und GAL-Gründungsmitglied Kurt Edler teilt sich Radcke den Vorsitz mit einem, der den Segen der stellvertretenden Bürgermeisterin hat. Edler, der einen realpolitischen Kurs vertritt, und Radcke als Repräsentantin der Hamburger Restlinken in der GAL liegen nicht nur politisch weit auseinander. Edler hat noch 1999 in einer bundesweit verschickten Mail gegen die damalige Bundessprecherin Radcke Front gemacht.

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