berliner szenen: Das 103 hat wieder auf
Letzte Hoffnung
So richtig neu ist die Erkenntnis ja nicht, dass Berlin ziemlich rasant seiner endgültigen Munichifizierung entgegensteuert. Konnte man sich jedoch noch immer mit manch schönen, lauschigen und typischen Plätzchen in Mitte trösten und hoffen, dass alles doch nicht so schlimm wird, so gibt es jetzt eine Hoffnung weniger. Denn seit drei Wochen hat das 103 wieder eine neue Location, nicht weit vom WMF entfernt. Das scheint auf den ersten Blick eine gute Nachricht zu sein, war das erste 103 seinerzeit in der Friedrichstraße doch ein angenehmer, improvisierter und von der neuen Mitte weit entfernter Club.
Doch drei Jahre später stellt sich das etwas anders dar. Schöner, neuer Laden zweifelsohne. Groß und weitläufig, mit hübsch beigen Sofas und einer schönen Lichtershow, bei der Wörter und Zahlen kreuz und quer durch die Räume projiziert werden. „Geschlossene Gesellschaft“ steht draußen dran – vielleicht weil das 103 auch dieses Mal nicht wirklich legal ist. Vielleicht damit die Touristen auf der Oranienburger bleiben und die Leute aus Mitte unter sich sein können. Leute, die so aussehen, als seien sie gestern erst aus Düsseldorf oder Nürnberg nach Mitte gekommen, um hier zu arbeiten und sich dann nachts dem Essigjazz der Achtziger hinzugeben. (Schließt man einfach mal den Sound der Band vom letzten Samstag kurz.) Möglich aber wäre auch, dass die vielen Schlips- und Anzugträger im 103 Achtzigerjahrebands wie ABC oder Heaven 17 ihre Reverenz erweisen, vielleicht sogar getreu dem Motto: „We don’t need this facist groove thang“. Alle Hoffnung will man eben doch nie fahren lassen TSO
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