Aleviten verlassen Türkischen Bund

Zwei Mitgliedsvereine des türkischen Dachverbandes werfen dessen Führung mangelnde Transparenz, fehlende innere Demokratie und undurchsichtiges Finanzgebaren vor. Der Türkische Bund Berlin-Brandenburg weist die Vorwürfe zurück

von DOROTHEE WINDEN

Zwei alevitische Vereine und ein früheres Vorstandsmitglied des Türkischen Bundes Berlin-Brandennburg (TBB) haben gestern ihren Austritt aus dem Dachverband erklärt. Die Vorsitzenden des Kulturzentrums Anatolischer Aleviten und des Kulturverein Haci Bektas nannten für den Austritt teils politische Gründe, teils warfen sie dem TBB Mangel an innerer Demokratie und zweifelhafte Finanzpraktiken vor. Der dritte alevitische Mitgliedsverein im TBB hat den Austritt angedroht, falls der TBB nicht bis Ende September auf die Vorwürfe reagiert.

Der Vorsitzende des Kulturzentrums, Metin Küçük, warf dem TBB vor, die Aleviten nicht an einer Diskussionsveranstaltung zu „Islam in Deutschland“ beteiligt zu haben, die am 15. Juli bei der Friedrich-Ebert-Stiftung stattfand. TBB-Sprecher Safter Çinar wies den Vorwurf gestern zurück. Die alevitischen Vereine seien wie alle anderen TBB-Mitgliedsvereine zu der Veranstaltung eingeladen gewesen. Der TBB, der sich für muslimischen Religionsunterricht an Berliner Schulen einsetzt, habe sich immer für die Berücksichtigung der alevitischen Glaubensrichtung eingesetzt, so Çinar.

Hülya Turhan, die dem TBB-Vorstand von 1998 bis zum Februar 2000 angehörte hatte, begründete ihren Austritt mit einer Reihe von Vorkommnissen, „die mein Vertrauen in diese Vereinigung fast zunichte machten“. Im Februar dieses Jahres waren Unregelmäßigkeiten beim Kauf von Computern bekannt geworden (die taz berichtete), die nach Ansicht von Turhan bis heute unzureichend aufgeklärt sind. Der Türkische Bund hatte damals Computer bei einem Zwischenhändler bestellt, der eine gefälschte Rechnung ausgestellt hatte. Die gelieferten Computer waren veraltet und entsprachen nicht den Angaben auf der Rechnung. Da die Computer mit Geldern der Berliner Sozialverwaltung und des Bundesarbeitsministeriums für TBB-Projekte angeschafft worden waren, warf man dem TBB vor, mit Zuwendungsgeldern zu mauscheln.

Aufgedeckt hatte den Vorgang der Journalist Ali Yildirim, der damals auch TBB-Vorstandsmitglied war. Während der TBB-Vorstand alle Schuld auf den Zwischenhändler Alper A. abschob, kam Yildirim zu einem anderen Ergebnis. Ihm gegenüber erklärte der Zwischenhändler, er habe den Auftrag wie mit dem TBB vereinbart ausgeführt. Der TBB-Vorstand ließ sich einen Tag später hingegen eine schriftliche Erklärung des Zwischenhändlers geben, in dem dieser die Schuld auf sich nahm. Darin heißt es: „Da mir die begrenzten Finanzmittel des TBB und seiner Vereine bekannt waren, habe ich immer versucht, die technischen Materialien zu günstigen Preisen zu besorgen.“ Alper A. nahm die Computer schließlich zurück, der TBB gab die Gelder an die staatlichen Stellen zurück.

TBB-Sprecher Çinar betrachtet den Vorfall als aufgeklärt. Ein Prüfbericht sei Ende März vorgelegt worden, eine zweite Prüfung im Juli habe keine neuen Erkenntnisse gebracht. Turhan kritisiert, dass bis heute unklar ist, wer die Unterschrift unter den Scheck für Alper A. geleistet hat.

Als frühere Redaktionsleiterin der TBB-Zeitschrift beklagte sie zudem, dass der Vorstand Zensur ausgeübt habe. Die Redaktion durfte nicht über eine umstrittene Rede der damaligen TBB-Sprecherin Emine Demirbüken berichten, die später zu ihrem und Çinars Rücktritt führte.

Beobachter werten den Austritt der alevitischen Vereine denn auch als Nachwehen des Rücktritts Demirbükens. Es sei denkbar, dass weitere der 24 Mitgliedsvereine austreten, in denen Demirbükens Unterstützer in der Mehrheit seien. Çinar wies alle Vorwürfe als „nicht neu und nicht wahr“ zurück.