: So war die Zone
Eigentlich wollten sie nur Material für ein Buch sammeln, in dem junge Ossis und Wessis über ihren Alltag in den Zeiten der Wende berichten. Traurig, kritisch, nostalgisch oder wenigstens originell. Jetzt ist aus dem Projekt unter www.zonentalk.de eine komplette Website geworden – für kluge Nachdenkliche, für Nostalgiker und für Ostneurotiker.
Im Juli hatten Studenten der Berliner Humboldt-Uni und der Technischen Uni Chemnitz zuerst nur ein Onlineforum eingerichtet. Später kamen weitere Links hinzu, die den interdeutschen Internet-Talk fördern sollen. In der „ProblemZone“ wird jetzt über „Westzicken“ diskutiert, und „warum Ostfrauen immer so schnell beleidigt“ sind. Die „KontaktZoner“ fahnden per Mausklick nach Ex-FDJ-Freunden und Volksarmeekameraden. Und frustrierte Wessis, die von all dem Gezone nichts verstehen, stellen ihre Klischees ins Netz: „Woran erkennt man einen Ossi? An der Kleidung, dem Gang oder den Nasenhaaren?“ Einen Ostalgie-Flohmarkt bietet die „StöberZone“: Nicki will „Digedagshefte“ verkaufen, Paul sucht Spielzeug-Trabbis, Katerine das DDR-Kinderbuch „Tuppi und die drei Grobiane“ und ein namenloser „Echter Zoni“ ein FDJ-Hemd Größe 41.
Die Website sammelt aber auch ernstere Erinnerungen: „MB“ hat sein Tagebuch ins Netz getippt, er erzählt von den Stunden der Ungewissheit: Wie er „keinem mehr über den Weg“ traute, am allerwenigsten denen, die den „längst als Holzweg erkennbaren Weg immer noch nicht müde waren als gangbar zu beschreiben“. Das Interesse am Online-Nachwende-Talk ist groß. Zwischen 100 und 1.000 Menschen klicken täglich auf die Website. Aus den interessantesten Beiträgen wollen die Studenten im nächsten Frühjahr nun tatsächlich ein Buch machen.
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