: Frosch guckt in Mond
Haikus, elegant gemischt mit Andersens Märchen: Das Theaterfestival „KinderKinder“ mit starken dänischen Anteilen ■ Von Petra Schellen
Nein. Nicht anderen zuhören. Auch nicht in sich selber hineinhorchen: Auf die Dinge hören, empfinden, was eine Schneeflocke über ihren Flug zur Erde zu sagen hat, den Käfer etwas fragen – das sind die Themen der japanischen 17-silbigen Haikus. Was aber sollen eigentlich Kinder damit anfangen? Haben die etwa Lust, solch abgedrehtes Zeugs zu lesen? „Lesen vielleicht nicht, angucken aber schon“ muss das dänische Teatro Rio Rose gedacht haben, als es das Stück Haiku inszenierte, das dafür in diesem Jahr mit dem Reumer-Preis als bes-te dänische Kinderinszenierung ausgezeichnet wurde und in der Dänischen Kindertheater-Woche des diesjährigen Hamburger KinderKinder-Festivals gezeigt wird.
Ein Veilchen, ein Moskito und ein Frosch, der den Mond betrachtet, sind die Protagonisten des stillen Stückes, außerdem ein Mann und eine Frau, die Streit, Freude und Zärtlichkeit entwickeln und die Betrachter in ein Stück voller Bilder hineinziehen.
Mit dezenten Effekten arbeitet auch die Inszenierung Es war von Sara Topsoe-Jensen, einer der „wenigen jungen Autorinnen“ des dänischen Kindertheaters, wie Stefan Lewies, Geschäftsführer des Vereins KinderKinder und Organisator des gesamten Festivals (17.9. bis 13.11.) betont.
Motivsplitter aus verschiedenen Märchen reihen sich hier bei Kerzenschein aneinander, der das Geschehen oft nur schemenhaft erkennen lässt und viel Freiraum für Phantasiegebilde bietet: „Eine Verbindung von Tanz- und Erzähltheater mit Schattenspiel wird hier zu einem magischen Theater verwoben“, wie Lewies es nennt – und die deutsche Erstaufführung des Stü-ckes hat er obendrein für sich gebucht.
Erstmals aufgeführt wird auch die – von Lewies in Auftrag gegebene – Komposition des Kopenhageners Thomas Agergaard: Hans Christian Andersens Schneekönigin hat der Jazz-Saxophonist vertont und gemeinsam mit dem Hamburger Schauspieler Dietmar Mues zu einem inszenierten Konzert zusammengesetzt, das die Kinder „auch in ihre eigene Seelenwelt“ geleiten soll. Als Kontrapunkt könnte vielleicht Andersens Tölpelhans dienen, gespielt von Peter Seligmann, der alle außer die Harfe spielende Königin verkörpert...
„Dänemark ist in puncto Kindertheater in Europa führend“, betont Lewies, der sich für das Hamburger Festival etliche Inszenierungen vor Ort angesehen hat und die „schöns-ten und buntesten“ ausgesucht hat. Dass Dänemark prinzipiell ein kinderfreundlicheres Land ist als Deutschland, würde er zwar nicht behaupten – „dafür kenne ich das Land zu wenig. Aber die Tatsache, dass die dänischen Kindertheater – anders als die deutschen – eine umfassende Staatliche Förderung bekommen, kommt sicher nicht von ungefähr.“
Kindertheater an Schulen und in anderen Institutionen würden stark subventioniert, berichtet der Kindertheater-Macher, „und jede Gruppe, die als professionell eingestuft wird, kann davon profitieren. Außerdem kommunizieren die dänischen Theaterensembles untereinander sehr stark, treffen sich auf Festivals und führen eine intensive Qualitätsdiskussion“ – ein nicht besonders oft praktiziertes Kooperationsmuster.
In sein alljährliches KinderKinder-Festival hat Lewies Dänemark integriert, „weil das, neben der Qualität der Inszenierungen, im Rahmen der Danmark til Hamburg-Reihe, sinnvoll schien“; einzelne dänische Stücke standen auch bei vergangenen Festivals auf seinem Programm. „Und wenn sich wieder die Gelegenheit bietet, werde ich gern wieder einen Länderschwerpunkt setzen.“ Wenn nicht, ist es auch gut: „Unser Theater lebt letztlich von der Vielfalt und nicht von der Festlegung auf ein einziges Land.“ Das hätte vermutlich die Zikade aus dem Haiku genauso gesehen.
Der Vorverkauf für die Dänische Kindertheater-Woche (23.9. bis 1.10.), die Teil des KinderKinder-Festivals im Fundus-Theater ist, hat bereits begonnen. Spielfest mit Wikingern zur Eröffnung: Sonntag, 17.9., 11 bis 18 Uhr, am Museum für Völkerkunde und auf dem Sportgelände der Universität
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