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Österreicher inspizieren Temelín

Nach mehreren Grenzblockaden und Drohungen des österreichischen Kanzlers lässt Tschechien nun Experten des Nachbarlandes in den umstrittenen Atommeiler Temelín. Doch damit wird die Inbetriebnahme wohl nur aufgeschoben

Aus Prag ULRIKE BRAUN

Kurz vor der endgültigen Inbetriebnahme des Atomkraftwerks in Temelín zeigt die tschechische Regierung erstmals Entgegenkommen gegenüber Österreich. Eine Gruppe österreichischer Parlamentarier und Reaktorexperten darf kommende Woche erstmals den als unsicher geltenden Meiler inspizieren. Der Versuchsbetrieb des Reaktors an der östereichischen Grenze, der eigentlich nächsten Freitag beginnen sollte, wird bis auf weiteres aufgeschoben.

Mit einer Sicherheitsnachrüstung ist allerdings kaum zu rechnen. Der AKW-Betreiber ČEZ, der noch auf seine volle Privatisierung wartet, begrüßt gar offiziell den Besuch aus der Alpenrepublik. „Sie werden direkt im Kraftwerk die beste Möglichkeit haben, sich vom aktuellen Stand in Temelín und den Fakten über seine Sicherheit selbst zu überzeugen“, erklärt ČEZ Sprecher Ladislav Kříž überschwänglich. Entsprechend skeptisch bleiben die Gegner des Atommeilers. „Wir ganz zufrieden“, sagte der Jan Haverkamp von Greenpeace Tschechien. Er glaubt aber, dass Österreich mit seinen Fragen doch etwas tiefer gehen wird, als es den Tschechen lieb ist.

„Alle technischen Fragen werden beantwortet werden“, versichert dagegen Pavel Pittermann, der Sprecher des tschechischen Amtes für Strahlenschutz SUJB. Bei dieser Haltung ist es unwahrscheinlich, dass die nur 60 Kilometer entfernt lebenden Anwohner im benachbarten Oberösterreich so bald Ruhe geben werden. Über 2.000 Bewohner, oft Bauern mit Traktoren, hatten in den vergangenen Wochen mit Grenzblockaden gegen die Inbetriebnahme des Reaktors demonstriert.

Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer kündigt an, die Grenze immer wieder zu blockieren, bis die Sicherheitsbedenken ausgeräumt sind. Selbst Bundeskanzler Wolfgang Schüssel drohte, den EU Beitritt Tschechiens wegen Temelín zu blockieren – was wahrschienlich wirksamer war als die Traktoren an der Grenze.

Kein Wunder also, dass sich die Tschechen nun eine Delegation aus Österreich in ihren Meiler lassen: vier Reaktorexperten und vier Abgeordnete werden nun – begleitet von tschechischen Experten und Abgeordneten – den Reaktor inspizieren. Dabei soll auch der zukünftigen Informationsaustausch diskutiert werden. Der klappte bis vor kurzem mit Österreich noch nicht so gut, wie zum Beispiel mit Deutschland, sagt selbst der SUJB-Sprecher. Grund dafür seien nicht die Proteste, sondern die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen die Alpenrepublik, an die sich EU-Anwärter Tschechien streng gehalten habe.

Bis zum Frühjahr 2001 soll der Meiler normal Strom liefern, planen die Betreiber. Wann der Brüter dafür nun versuchsweise ans Netz gehen kann, blieb gestern unklar. Fest steht jedoch, dass die große Atomparty, die die ČEZ zu Ehren Temelíns am 23. September schmeißen wollte, abgesagt wird. Offizieller Grund: Wegen der öffentlichen „Hysterie“ sei ein Festakt zu gefährlich.

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