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Rotfunk wird Unternehmersender

■ RB-Intendant Glässgen plant Radikalumbau: Fachredaktionen sollen auch auf dem freien Markt Geld selbst erwirtschaften

Mit einem neuen Programmkonzept will der Radio-Bremen-Intendant Heinz Glässgen die Redakteur-Innen des kleinsten ARD-Senders buchstäblich in UnternehmerInnen verwandeln. Wie Glässgen gestern vor dem Rundfunkrat erklärte, sollen in den nächsten Jahren Fachredaktionen die drei Sparten Radio, Fernsehen und Online mit Beiträgen beliefern. Außerdem sollen sie Leistungen über eine Tochterfirma zum Beispiel an andere ARD-Anstalten oder Unternehmen weiter verkaufen. Der Personalrat stimmt dem Konzept zu. Die ArbeitnehmervertreterInnen bestehen aber auf einem so genannten Rationalisierungsschutzabkommen, das möglichst viele der knapp 600 festen Arbeitsplätze im Sender erhält.

Zurzeit berichten das Fernsehen und die einzelnen Radiowellen mehr oder weniger selbstständig über das Geschehen in Bremen und der restlichen Welt. Das hat in der Vergangenheit – wie zum Beispiel beim Michael-Jackson-Auftritt im Bremer Rathaus vor drei Jahren – zu Drei- bis Vierfachbesetzungen des Termins durch Radio Bremen (RB) geführt. Mit dieser üppigen Präsenz wird es wohl vorbei sein, wenn das neue Konzept in den nächsten Jahren Schritt für Schritt umgesetzt wird. Eine Fachredaktion Sport koordiniert dann bi- oder gar trimedial (TV, Hörfunk, Internet) ihren Bereich, und das bisherige Nebeneinander von Landespolitik-Berichterstattung beim TV-Regionalmagazin Buten & Binnen und beim Radio wird in einer gemeinsamen Fachredaktion zusammengefasst. Umstritten ist an diesem im Vergleich zu anderen ARD-Sendern tief greifendsten Konzept dem Vernehmen nach nur noch, wer die endgültige Entscheidung über die Platzierung eines Beitrags fällt.

Das neue Konzept dürfte Rationalisierungseffekte haben. Das sieht auch der Personalratsvorsitzende Bernd Graul so. Doch den ArbeitnehmervertreterInnen im Sender hat Glässgens Garantie, bis Ende 2001 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, etwas Luft verschafft. „Wir müssen uns rühren“, weiß Graul. Schließlich haben es alle Beteiligten mit den Folgen des Ministerpräsidenten-Beschlusses zu tun, bis Ende 2005 den ARD-Finanzausgleich zu halbieren und RB mehr als ein Viertel aus dem 190-Millionen-Mark-Etat zu streichen. Sowohl Graul als auch Glässgen weisen darauf hin, dass diese Kürzung des Finanzausgleichs an RB, den SFB und den Saarländischen Rundfunk eine Umverteilung ist und nicht zu Gebührensenkungen führt.

Der abgespeckte oder abgemagerte Minisender an der Weser muss sich anders helfen. Mit den neuen Fachredaktionen will Glässgen das Problem delegieren: „Wenn eine dieser Redaktionen durch Beiträge für Radio Bremen nur zu 70 Prozent ausgelastet ist, muss sie die restlichen 30 Prozent selbst erwirtschaften.“ Daran soll die RB-Tochter asap GmbH (asap für „as soon as possible“) mitwirken.

Ein weiteres Standbein ist das geplante Nordwestradio (NWR) mit dem NDR. Beide Sender stehen Glässgen zufolge kurz vor der Einigung über das Programmschema. Nach seinen Angaben soll das gemeinsame Informations- und Kulturprogramm am 1. Juni 2001 auf den Frequenzen der Kulturwelle Radio Bremen 2 auf Sendung gehen. Schon zwei Monate früher ist der Start des zu „Bremen 1“ fusionierten Programms der Hansawelle und des dritten Programms „Radio Bremen Melodie“ geplant. Aus „Melodie“ wird wie berichtet das Programm „Funkhaus Europa“. Nur am erfolgreichen vierten Programm will Glässgen so wenig wie möglich ändern. ck

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