: Zeitkunst
„Musik ist in erster Linie Zeitkunst“, so formulierte der künstlerische Leiter Ingo Metzmacher des Musikfestes. Fragen von Reihung und Gleichzeitigkeit, Reichtum oder Armut an Abwechslung, entscheiden oftmals, ob und wie klangliche Ereignisse überhaupt als Musik wahrgenommen werden (die Rezeption von Minimalismus und Serialismus etwa bezeugt das). Diesem „Zeit-Kern von Musik“ widmet sich die heutige „lange Nacht der Zeit“, die wohl zentrale Veranstaltung des Musikfestes.
Die ganze Musikhalle wird dabei zum Spielort: Im Brahms-Foyer werden 50 Pianisten in einer 24-stündigen Marathon-Aufführung die Vexations Eric Saties wiederholen: aus dem musikalischem Mobiliar wird eine Dauerveranstaltung, zu der die BesucherInnen immer wieder zurück kehren können. Begleitend wird Andy Warhols ähnlich kontemplativer Film Empire projiziert, eine achtstündige Einstellung des Empire State Building.
Währenddessen spürt das Ensemble Modern im Großen Saal zwischen Stockhausen Zeitmasz-Diachronien, seinem Kurzwellen variierenden Spiral und der berüchtigten Pause 4'33'' John Cages der veränderlichen Zeitwahrnehmung nach; im zweiten Teil wird Lachenmanns Percus-sion-Intérieur und Steve Reichs Violin Phase gespielt, in dem aus scheinbarer Gleichzeitigkeit allmählich Verschiebungen der Stimmen gegeneinander werden. Im Kleinen Saal wird Messiaens Quatuor pur la Fin du Temps gegeben, eine großangelegte religiöse Allegorie auf das Ende der Zeit, entstanden während Messiaens Kriegsgefangenschaft in Deutschland. Wiederum im großen Saal wird der Sänger und Multiinstrumentalist David Moss eine Soloperformance zwischen Free-Jazz, Noise und improvisierter real time music bieten.
Schließlich kommt eine echte Perle zur Aufführung: György Ligetis Poème symphonique; von zwanzig Händen in Gang gesetzt lagert sich das Ticken von 100 Metronomen Schicht um Schicht übereinander, sich ständig überlagernd, variierend und verschiebend – „geronnene Zeit“ und eine absurd sichtbar gemachte Mechanisierung. Alexander Diehl
heute, ab 18 Uhr, Musikhalle
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