piwik no script img

Gaddafis Geiselspiel

Befahl Libyen auf Jolo die Geiselnahme französischer TV-Journalisten, um seine Vermittlerrolle zu festigen?

BERLIN taz ■ Die französischen Fernsehjournalisten, die bis vor kurzem von der islamistischen Rebellengruppe Abu Sayyaf auf der philippinischen Insel Jolo festgehalten wurden, sollen auf Befehl des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi gekidnappt worden sein. Dies berichtet heute Figaro Magazine, die Wochenendbeilage der französischen Tageszeitung Le Figaro. Dem Bericht zufolge ordnete Gaddafi die Geiselnahme der drei Franzosen an, um sich bei den damaligen Sondierungen zur Freilassung der am 23. April von der Abu Sayyaf gekidnappten neun westlichen Touristen unverzichtbar zu machen.

Der Zeitschrift zufolge – sie enthält unter anderem ein Interview mit Gaddafis Sohn Seif al-Islam, der als Leiter der „Internationalen Gaddafi-Wohlfahrtstiftung“ den Freikauf der meisten westlichen Geiseln auf Jolo im August organisierte – hatte Deutschland Libyen Anfang Juni gebeten, bei den Gesprächen über die gefangenen Touristen zu vermitteln. Frankreich habe akzeptiert. Danach habe Gaddafi sich aber geärgert, dass Libyens Rolle unzureichend gewürdigt würde. „Daraufhin wurde das Team von France-2 auf Befehl Gaddafis am 9. Juli gekidnappt.“

Der spätere Freikauf der Abu-Sayyaf-Geiseln und die feierlichen Empfänge für die Freigelassenen in Libyen haben Gaddafi deutsche und französische Danksagungen gebracht. Doch erhielt Gaddafi nicht ganz die Huldigungen, die er erhoffte. Zu den Zeremonien in Libyen schickte Frankreich nur einen Unterstaatssekretär, während die Bundesregierung immerhin Staatssekretär Ludger Volmer nach Tripoli entsandte. Die neuen Berichte in Figaro Magazine sind offenbar ein Ausdruck libyschen Unmuts. In seinem Interview mit der Zeitschrift leistet sich Gaddafis Sohn Seif al-Islam den Luxus, eine Verbesserung der franko-libyschen Beziehungen skeptisch zu beurteilen. „Persönlich bin ich da nicht sehr enthusiastisch“, wird er zitiert.

Die Veröffentlichung kommt außerdem wenige Tage, nachdem die letzten der festgenommenen französischen TV-Journalisten sich eigenhändig befreien konnten. Seitdem hat Frankreichs Regierung ihre Kritik an der philippinischen Militäroffensive gegen die Abu Sayyaf eingestellt und mit der philippinischen Regierung Gespräche über eine militärische Zusammenarbeit vereinbart. Dies dürfte Libyen missfallen, das der Abu Sayyaf politisch nahe steht und die Regierung der Philippinen zu Verhandlungen mit der Gruppe aufgefordert hat. D.J.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen