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Strafprozesse straffen

StPO-Reform soll Rechte der Verteidiger stärken. Grüne Kritik an beschränkten Revisionsmöglichkeiten

BERLIN afp ■ Mit einer Reform der Strafprozessordnung (StPO) will Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin die Rechte der Strafverteidiger erweitern. Gegenüber Focus kündigte sie an, dass künftig Verteidiger schon während der Ermittlungen „bei Vernehmungen von Beschuldigten oder Zeugen“ hinzugezogen werden sollen. Laut den „Eckpunkten“ des Ministeriums soll die Reform Strafprozesse beschleunigen. So müssten Zeugen nicht mehrfach vernommen werden. „Das führt zu deutlich strafferen Verhandlungen und kann auch die Opfer schonen, die als Zeugen aussagen müssen“, betonte die SPD-Politikerin.

Neben der Entlastung in der Zeugenrolle sollen Verbrechensopfer vergleichbare Verfahrensrechte wie Strafverteidiger erhalten, sagte Däubler-Gmelin. „Wenn Opfer als Nebenkläger auftreten, wird die Nebenklage von vornherein auch ins Ermittlungs- und Zwischenverfahren einbezogen.“ Die Ministerin betonte: „Der Opferschutz steht an erster Stelle unserer Eckwerte.“

Unterdessen wurde bekannt, dass die Grünen die StPO-Reform in einigen Teilen ablehnen. Der Grünen-Rechtsexperte Volker Beck kritisierte in der Berliner Zeitung das Vorhaben, die Berufungs- und Revisionsmöglichkeiten einzuschränken. „Für Bündnis 90/Die Grünen kommt eine Diskussion über die Reform des Strafprozesses nur dann in Betracht, wenn rechtsmittelverkürzende Einschnitte in die Berufung und Revision unterbleiben.“ Beck weiter: „Gesetzliche Zugangsbeschränkungen in die Berufung sind nicht geboten.“ Dies wäre „rechtsstaatlich nicht zumutbar“. Beck verwies auf ein Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Recht, das die Berufung, mit der Urteile des Amtsgerichts angefochten werden, als „hocheffizient“ ansieht. Auch der Juristentag, der morgen in Leipzig beginnt, wird sich mit dem Thema befassen.

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