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Ein Gewinnertyp verliert

Der ehemalige französische Superminister Strauss-Kahn wird wegen des Spendenskandals angeklagt

Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass Dominique Strauss-Kahn am 2. November die rot-rosa-grüne Regierung Frankreichs verließ. Der Rücktritt des Superministers für Wirtschaft und Finanzen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit war der erste und vielleicht schwerste personelle Verlust, den Premierminister Jospin seit seinem Amtsantritt im Frühsommer 1997 erlitt. Strauss-Kahn, ein typischer Gewinnertyp, hatte die Zahlen zum wirtschaftspolitischen Erfolg der Regierung Jospin geliefert: die Massenprivatisierungen, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Jugendliche und die immer ausgewogenere Haushaltsbilanz. Und er hatte die ideologischen Tabubrüche seiner Regierung erfolgreich verteidigt. Kein Wunder, dass die Sozialisten in diesem Sommer schon wieder begannen, ihn zu rehabilitieren. „DSK“ galt als einer, der bald wieder oben sein würde. Zwar war nicht mehr von einer Kandidatur für das Rathaus von Paris die Rede wie zu den Glanzzeiten des Superministers, aber Parteichef Hollande bot ihm einen Posten in der Parteiführung an.

Seit vergangenem Wochenende spricht die Partei in der Vergangenheitsform von Strauss-Kahn. „Die verdorbenen Zweige gehören abgeschnitten“, hieß es auf dem Parlamentariertreffen der Sozialisten in Lyon, bei dem die Nachricht von Strauss-Kahns Verwicklung in die Video- und Parteispendenaffäre wie eine Bombe einschlug. Und: „Wir haben genug von seinen gefährlichen Liaisons.“ Selbst der Premierminister fand allerstrengste Worte: Er erwarte, dass Strauss-Kahn „alles unternimmt, damit die Wahrheit zutage tritt“.

Die Worte der Genossen haben „DSK“ getroffen. Er sei „verletzt“, sagte er. In der Medienoffensive, die er am Montag begann, gab er bloß zu, die Kassette besessen und über ihren Inhalt Bescheid gewusst zu haben. Betrachtet will er sie nicht haben. Und wissen, wo sie ist, will er auch nicht mehr. Er habe sie „verlegt“, sagt er. Doch dass seine politische Karriere vorerst zu Ende ist, muss dem 51-jährigen Rechtsanwalt und Wirtschaftswissenschaftler klar sein. Er hat drei Affären am Hals: Ermittlungen wegen „Unregelmäßigkeiten“ in der Studentenversicherung MNEF, Ermittlungen wegen Finanzierung des Lohns einer Mitarbeiterin aus den Kassen des Mineralölkonzerns Elf und seit dieser Woche „Ermittlungen wegen Zurückhalten eines Beweises“.

Vielen in Paris fällt es schwer, zu glauben, dass Strauss-Kahn tatsächlich die „Neugierde fehlte“, das ihm Anfang 1999 überreichte Original der Videokassette zu betrachten. Böswillige unterstellen ihm düstere Pläne. Gutwillige spekulieren, dass „DSK“ das Video aus Parteidisziplin „verlor“ – schließlich ist darauf auch von Schwarzkassen seiner Sozialisten die Rede.

DOROTHEA HAHN

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