„Ich bin Leidenschaft pur“

Der Nationaltrainer in spe Christoph Daum muss sein großes Werk vollenden

Daum ist ein Knallkörper, der vor sich hin brutzelt und nie richtig zündet

Da hat er sich so angestrengt, aber niemand mag ihn. Wenn er besonders locker auftreten will, fängt er an zu schäumen und zu flackern. Christoph Daum ist ein Knallkörper, der vor sich hin brutzelt und nie richtig zündet. Christoph Daum leidet. Er leidet darunter, dass alle auf ihn heruntersehen und dass er gegen die Bayern einfach keine Schnitte gewinnt. Aber nach der vergeigten EM kam die große Stunde des kleinen Mannes von Leverkusen. Ihm wurde der Job des Obertrottels der deutschen Nationalmannschaft angedreht. Seither steht der Winzling im Zentrum des medialen Blablas. Aber das reicht ihm nicht, denn das kleine Springteufelchen hat ständig Angst, übersehen zu werden, weshalb er am ersten Bundesligaspieltag ganz in himmelblau erschien.

Das kurzgeratene Männlein, das in dieser farblichen Katastrophe steckte, gab seither immer wieder Kostproben seines ebenfalls nicht gerade großen Fußballverstands, mit welchem er aus Deutschland wieder eine geachtete Fußballnation zu machen gedachte. „Wir müssen in der Nationalmannschaft den Libero aufgeben“, meinte er, und damit war der Allgemeinplatz auch schon abgegrast. Däumling Daum wandte sich wieder seinem Lieblingsthema zu: sich selbst. „Ich bin Leidenschaft und Begeisterung pur“, blökte der wirklich nicht allzu groß geratene Daum versessen in die Kamera, und man begann, eine Ahnung davon zu bekommen, wie einer aussieht, der kurz davor ist, sich von den Käsefüßen aufwärts selber zu verschlingen. Und noch eine andere Aussage über sich selbst gefällt dem Little Cesar von Leverkusen: „Manche sagen“, sagt Zwerg Daum, „sogar ein 50-prozentiger Daum würde reichen.“ Interessant! Aber für was? Für eine Initiative zur Rettung kleinwüchsiger Hysteriker? Für die Versorgung einer Kleinstadt mit Strom? Für einen kleinen Werbespot für „Keine Macht den Drogen!“? Als Abschreckung gegen die braune Gefahr aus dem Osten? Würde man Daum allerdings noch einmal halbieren, bliebe nicht viel übrig. Sowas wie Matzerat vielleicht.

Wenn Daum, der auch aufrecht noch unter einem Tisch entlanggehen kann, ohne sich bücken zu müssen, so weiter macht, wird seine überschnappende Stimme wie die der Nervensäge aus der „Blechtrommel“ Glas zum Zerbröseln bringen. Während seiner Auftritte vor der Kamera stellt man fest, dass der Bildschirm bereits feine Haarrisse aufzuweisen beginnt, während einem die verbliebenen Resthaare wie nach einer längeren Elektroschockbehandlung in alle Richtungen abstehen und man zu unkontrollierten Bewegungen neigt, so lange der von unten gefilmte und groß wirken wollende Daum krächzt, kreischt und krakeelt. Und wenn man dann tatsächlich ob der Kreissägenstimme sich auf die Schnauze legt, dann gibt uns der gern in Plateauschuhen herumlaufende Daum den Tipp: „Du musst immer einmal mehr aufstehen, als du hinfällst.“

Daum hat immer eine chinesische Weisheit parat, die man vorzugsweise auf Abrisskalendern findet, die Apotheker an ihre Kunden verschenken. Der kaum über einen Ladentisch reichende Daum nennt das seine Philosophie. Er sagt dann so rätselhafte Dinge wie: „Ich will wieder mit elf Spielern spielen.“ Hat er in der Annahme, die Nationalmannschaft hätte bislang immer in Unterzahl gespielt, den Grund für das Absacken der deutschen Kicker in der internationalen Wertung auf einen zweistelligen Platz entdeckt? Auch sehr undurchsichtig ist seine Aussage: „Ich bin stolz darauf, für mein Land etwas zu tun und zurückzugeben, was ich bekommen habe.“ Ist das gut oder schlecht für Deutschland, frug sich Deutschland. Bei diesen zu kurz geratenen und ständig nach Aufmerksamkeit gierenden Ehrgeizlingen kann man nie so sicher sein. Das alles ließ hoffen, denn Daum, so gelangte man zu der Überzeugung, würde mit diesem grandiosen Konzept den Fußball made in Germany noch mehr in den Sand setzen, als es Ribbeck jemals vermochte. Umso bedrückender sind die Nachrichten, dass Daum es sich nun doch überlegt, weil Hoeneß und Co. wieder so gemein stichelten und seine Kontakte zum kriminellen Immobilienmakler Jochen Kress auf Mallorca von Bild ans Tageslicht gezerrt werden. Dabei will Daum doch nur geliebt werden. So weit wollen wir zwar nicht gehen, aber zusammen mit Franz „Ölpfütze“ Beckenbauer rufen wir ihm zu: Sei nicht so empfindlich, du Daum, du schaffst es!

KLAUS BITTERMANN