piwik no script img

WG mit Luxusfrühstück

Interview mit Office-Managerin Judith Kastner und PR-Frau Daphne Rauch von dooyoo.de, dem Star-Start-up. „Wir stellen uns gerne extremen Herausforderungen“

taz: Kann es überhaupt bei einem Start-up wie dooyoo so etwas wie Unternehmenskultur geben, oder lebt ein Start-Up eher von Mythen?

Judith Kastner: Mythen klingt so, als wäre da gar nichts! Aber Kultur möchte ich das auch nicht nennen, was wir in der Anfangsphase hier erlebt haben. Vorrangig lebt ein Start-up am Anfang natürlich erst mal von der mitgebrachten Kultur jedes Einzelnen, die man auf einen Nenner bringen muss. Das war bei uns in den ersten Monaten ziemlich einfach, weil es nur wenige Regeln gab. Niemand war besonders anspruchsvoll und keiner ein extrem schwarzes Schaf. Es ist eine Art WG-Leben, das sich durchsetzt, und wie in jeder WG kracht es ab und zu mal, weil es zum Beispiel in der Küche nicht klappt. Ab einer gewissen Größe der Firma ist dieses WG-Leben allerdings nicht mehr akzeptabel. An diesem Punkt sind wir jetzt angekommen und machen uns nun Gedanken, wie wir uns besser organisieren können.

Wie sieht die Unternehmenskultur bei dooyoo aus, was unterscheidet dooyoo gegebenenfalls von anderen Start-ups? Oder seht ihr euch selbst gar nicht mehr als Start-up?

Daphne Rauch: Natürlich ist der Hauch von Abenteuer und Erfolg, der die Gründerszene umweht, für viele Mitarbeiter ein entscheidender Grund, bei einem Start-up einzusteigen. Der Arbeitsalltag aber ist anstrengend und hat wenig Mythisches an sich. Um Mitarbeiter langfristig zu binden und zu begeistern, kommt auch ein Start-up nicht umhin, eine unverwechselbare Unternehmenskultur zu etablieren. Bei dooyoo geht es nicht nur darum, den Mitarbeitern ein Umfeld zu bieten, in dem sie sich beruflich weiterentwickeln und effizient arbeiten können. Wir wollen, dass sich jeder Mitarbeiter bei uns zu Hause fühlt, und tun deshalb alles, um eine Wohlfühlumgebung zu schaffen. Zeit für einen Witz und ein kurzes Gespräch unter Kollegen muss immer sein. Wir möchten nicht, dass unsere Mitarbeiter an ihren individuellen Karrieren feilen, sondern aus voller Überzeugung zum Erfolg des Unternehmens beitragen.

Judith Kastner: Wir sind schon auf dem Weg vom Start-up zu einem Unternehmen, aber was die Kultur betrifft, sind wir sicher noch ein richtiges Start-up. Das liegt allein schon an unserer Location in Berlin-Friedrichshain. Wir haben kein kanzleiähnliches Büro, sondern ein Fabrikloft. Ein Großraumbüro, dass uns verdammt gut gefällt. Die Kultur, auf die wir bei dooyoo am meisten stolz sind, ist die Kommunikationskultur. Wir haben von Anfang an darauf Wert gelegt, dass wir bestimmte Spielregeln in der Kommunikation unter allen Bedingungen einhalten. Das haben die Angestellten, die später kamen, übernommen. Die Wertschätzung, die wir einander entgegenbringen, kommt ja auch wieder zurück. Unser Team hat eine positive Ausstrahlung auf andere, und damit können wir überzeugen! Wir stellen uns gern extremen Herausforderungen – im Privatleben genau wie im Office. Der Großteil der Angestellten ist bereit, sich allen Anforderungen zu stellen, und misst Ergebnisse an Leistungen, die wir selbst bringen. Und das ist immer noch das beste Maß.

Wie viele Stunden wird bei euch gerackert?

Daphne Rauch: Vor allem sind die Arbeitszeiten bei uns flexibel. Es ist kein Problem, mal später zu kommen oder früher zu gehen. Viele Mitarbeiter sind aber wesentlich länger da, als es die übliche Arbeitszeit erfordert. Bis ein Uhr nachts brennt meistens Licht.

Habt ihr auch jemanden, der sich um die menschlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter kümmert, vielleicht mal den Kühlschrank zu Hause auffüllt?

Judith Kastner: Unsere Mitarbeiter werden im Büro kostenlos verköstigt. Es gibt Frühstück, Obst, Gemüse, Joghurt, Suppen und freie Getränke. Einmal im Monat bereiten die Gründer für alle ein Luxusfrühstück mit allen Schikanen.

Duzt ihr euch bei dooyoo, oder wird auf das „Sie“ Wert gelegt?

Daphne Rauch: Bei uns herrscht ein sehr legerer Ton. Selbst die Vorstandsmitglieder treten nicht als Autoriätspersonen auf, sondern als Kollegen. Sie sind für die Mitarbeiter jederzeit ansprechbar. Bei Meetings mit Partnern und Investoren achten wir dagegen durchaus auf gute Umgangsformen. Da wird dann auch mal die verstaubte Krawatte rausgekramt.

E-MAIL-INTERVIEW: STEFAN MOSE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen