: How dooyoo do? Menschen im Start-up
Neue Berufsbilder schaffen neue Berufsanforderungen. Wie gehen die Betroffenen damit um? Zur Not hilft nur noch Glotzen oder Kickern
von STEFAN MOSE
Das E-Business und damit das Internet entwickeln sich stetig weiter und völlig neue Berufsbilder entstehen. Viele Menschen aus den verschiedensten Bereichen haben diesen neuen Arbeitsmarkt für sich entdeckt. Die ständig erforderliche Erweiterung des Wissens, persönliche Weiterentwicklung, Telearbeit und Belastungen durch lange Arbeitszeiten sind nur einige der Anforderungen, denen sich Umschüler, Beschäftigte und Führungskräfte durch die Kommerzialisierung des Internets ausgesetzt sehen. Wie gehen die Menschen damit um?
Petra Poesing befindet sich derzeit in einer Umschulung in einem Pilotprojekt der Media Design Akademie. Die Berlinerin lernt von zu Hause aus mittels PC und Internet. Der wachsenden Informationsflut, mit der sich die Enddreißigerin beim Telelearning konfrontiert sieht, begegnet sie gelassen: „Man muss in der Lage sein, schnell Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, Informationen schnell aufnehmen und verarbeiten sowie interdisziplinär denken können, um in der Flut von Infos nicht unterzugehen.“
Auch der Telearbeit steht die angehende „IT-Managerin neue Medien“ aufgeschlossen gegenüber, besonders, weil sie zu Hause konzentrierter arbeiten kann. Außerdem entfallen die lästigen Anfahrtswege: Die verbleibende Zeit und Energie kann sie besser in ihr Privatleben stecken.
Tim Schäfer hingegen hält nicht viel von der Methode. Er arbeitet im Bereich E-Commerce bei der dooyoo AG in Berlin, die derzeit zu den Top Ten der Internet-Start-ups in Deutschland und Europa gezählt wird (siehe Interview unten). Auf den Internet-Seiten von www.dooyoo.de finden sich Testberichte von Verbrauchern für Verbraucher: „Platschi“ preist die Vorteile des Nuk-Ernährungssaugers aus Latex gegenüber herkömmlichen Silikonsaugern. „Für Eltern mit wenig Zeit ein kleiner Vorteil“, sagt „Platschi“.
Für Schäfer ist Telearbeit ein problematisches Beschäftigungsmodell. Daher verzichtet dooyoo darauf: „Der Teleworker sitzt zu Hause vor seinem Rechner und ist deshalb auf ein Einzelkämpferdasein reduziert. Mit Fragen und Problemen steht er alleine da“, kritisiert Tim Schäfer, „wir sind davon überzeugt, dass ständiger zwischenmenschlicher Kontakt unerlässlich ist, um motivierte Mitarbeiter zu haben. Unternehmerische Ziele müssen für jeden Einzelnen erlebbar gemacht werden.“
Es fragt sich, wie die Mitarbeiter von dooyoo ihr Berufs- und Privatleben im diesem durch lange Arbeitszeiten geprägten Business miteinander verbinden, besonders, wenn sie wie Kai Sostmann drei Kinder haben. Der Community Manager im Bereich Gesundheit berichtet über seinen Tagesablauf: „Konkret sieht dies so aus, dass ich meine beiden größeren Kinder morgens versorge und dann in den Kinderladen fahre. Abends gehe ich zum Beispiel gegen 19 Uhr und bleibe am darauffolgenden Tag länger. Oder ich hole die Kinder um vier Uhr im Kinderladen ab, und meine Frau, die noch studiert und dadurch extrem flexibel in ihrer Zeiteinteilung ist, kann nachmittags einen Kurs belegen. Allerdings komme ich dann noch einmal ins Büro zurück und bleibe bis kurz vor Mitternacht.“ Seine drei Kinder sieht der gelernte Arzt Kai Sostmann jedoch nicht mehr häufig genug. Besonders seine drei Monate alte Tochter wundert sich immer mal wieder über den Fremden, der sich nachts über ihr Bettchen beugt.
Diese und alle anderen Sorgen der Belegschaft versucht man bei dooyoo ernst zu nehmen. Personalchef Ingo Bertzen erklärt hierzu: „Jeder kann sich jederzeit mit jedem Problem an mich wenden. Auch der Vorstand betont immer wieder seine ständige Gesprächsbereitschaft.“ Zudem gibt es laut Ingo Bertzen eine weitere Ansprechpartnerin im Unternehmen, die auch ein Gespür für die privaten Sorgen der Mitarbeiter hat. Dooyoo sei eben eine „people-company“, so Michael Kalkowski, Vorstand Content. „Der Wert der Mitarbeiter spiegelt sich neben dem Gehalt in vielen Dingen wider. Dazu zählen zum einen Stock-Options, die an Festangestellte vergeben werden. Dazu zählen auch Learnings und Verantwortung für Projekte, die jeder erhält, der aktiv Herausforderungen sucht. Die Möglichkeit der persönlichen Weiterentwicklung ist daher ein sehr wichtiger Faktor in der Gesamtkompensation“, sagt Michael Kalkowski.
Die Wertschätzung, die der internationalen Belegschaft von dooyoo seitens der Führungskräfte offensichtlich entgegengebracht wird, äußern sich auch in der Zugabe zahlreicher „goodies“. So gibt es einen Aufenthaltsraum mit Kicker, TV und Video. Aufgrund des auch für Außenstehende spürbaren freundschaftlichen Miteinanders des gesamten Teams überrascht es nicht, wenn Daphne Rauch aus der PR-Abteilung sagt: „Es passiert häufig, dass man nach der Arbeit um die Ecke von unserem Büro in Berlin-Friedrichshain zusammen ein Bier trinken geht.“
Hinweis:Auf zwischenmenschliche Kontakte kann man keineswegs verzichten, um mit optimal motivierten Mitarbeitern zu arbeiten.
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