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Flaschen raus . . .

. . . fordert der grüne Bundespolitiker Winfried Hermann nach seinem Sydney-Besuch – dazu neue Wege bei Athletenförderung, Dopingkontrolle und im Umweltschutz

Es waren herausragende Spiele, die zu Recht das Etikett „best games ever“ erhalten haben. Beeindruckende Leistungen, Begeisterung in Australien.

Die Bilanz in Deutschland fällt nüchterner aus. Großen Taten von Birgit Fischer und Nils Schumann, von Heike Drechsler und Alexander Leipold stehen in vielen Disziplinen fehlende Medaillen und verpasste Endkämpfe entgegen. Auch die zum wiederholten Male erfolgreichen Reiter, Ruderer und Radfahrer können die Misere nicht verdecken: Deutsche Sportlerinnen und Sportler sind in vielen olympischen Kernbereichen wie Leichtathletik und Schwimmen ziemlich erfolglos geblieben.

Die Sportförderung braucht nach Olympia eine Strategiediskussion. Der Bund fördert mit über einer Milliarde Mark den Spitzensport in der Olympiade. Die Frage muss daher sein, ob diese öffentlichen Mittel durch den selbstverwalteten Sport effizient eingesetzt werden. Es muss zielgenauer in Personen und sportliche Leistungen investiert werden. Die Ergebnisse von Sydney zeigen, dass eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Athlet, Trainer und Funktionär Grundlage für sportlichen Erfolg ist. Das übernommene sportliche Erbe der DDR ist nach Olympia aufgebraucht. Die Entwicklung langfristiger Nachwuchs- und Aufbaukonzepte für darniederliegende Sportarten muss begonnen werden. Die Gründung einer „Task Force“ kann als Basis einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen Sport und Politik dienen, um zukünftige Knock-outs zu vermeiden.

Doping bleibt auf der Tagesordnung und wird es mehr denn je. Die unterschiedliche Behandlung dopingbelasteter Athleten bei Olympia war sehr fragwürdig. Sie gehört durch rechtsstaatlich einwandfreie Entscheidungen abgelöst. Für eine wirksame Dopingbekämpfung ist die weltweite Anwendung einheitlicher Standards bei Kontrollen und Verfahren notwendig. Sportverbände, die diese Regeln nicht anwenden, sollten zukünftig keine finanzielle Unterstützung und keine Starterlaubnis für Olympia erhalten.

Die Nationale Dopingagentur (Nada) in Deutschland wird kommen. Sport und Politik sollten sich über die Finanzierung verständigen, um einen Arbeitsbeginn der Agentur schnellstmöglich zu gewährleisten. Grundlage der Agentur muss ein Anti-Doping-Gesetz sein, das die unzureichenden Regelungen des Arzneimittelgesetzes ablöst.

Die Olympischen Spiele in Sydney haben auch neue Maßstäbe bei der Verbindung von Sport und Umweltschutz gesetzt. Das überzeugende Konzept der „green guidelines“ diente als Grundlage für eine umweltverträgliche Bauweise der Sportstätten und den Ausbau des Schienennahverkehrs. Das IOC wird künftig die Olympischen Spiele nur noch an Städte vergeben können, die ähnliche Anstrengungen zur Förderung des Umweltschutzes vornehmen. Sportliche Großveranstaltungen in Deutschland wie die Fußball-WM 2006 und die beabsichtigte Olympiaausrichtung 2012 müssen sich daran messen und sollten ebenfalls nach „grünen“ Standards konzipiert werden.

Dazu muss die öffentliche Hand als Investor und Eigentümer der Sportstätten Einfluss auf verstärkte Verwendung regenerativer Energien beim Stadionbetrieb nehmen. Photovoltaik und Abfallvermeidung müssen zur verbindlichen Auflage bei der sportlichen Nutzung werden. Die WM 2006 in Deutschland wird zeigen: Flaschen scheiden aus.

Winfried Hermann ist Mitglied der Grünen im Deutschen Bundestag und im Sportausschuss

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