piwik no script img

PC für alle Fälle und alle Fächer

■ Bremer SPD-Fraktion sorgt sich um die Chancen von Mädchen und jungen Frauen im Zukunftsmarkt IT

Die Branche boomt: 11.000 Ausbildungsplätze wurden 1998 im Bereich der Informations– und Medienwirtschaft gezählt, in zwei Jahren sollen es bundesweit schon 40.000 sein. Zudem gelten die Berufe als besonders zukunftssicher. Umso bedauerlicher, dass Mädchen und junge Frauen bis jetzt kaum angebissen haben. In den entsprechenden Ausbildungsgängen liegt der Anteil von Frauen bei 14 Prozent. So stellten sich die Probleme bei einer Diskussionsrunde dar, zu der die SPD-Fraktion LehrerInnen, Vertreter von Wirtschaft und Politik und Medienfachleute eingeladen hatte.

„Mädchen lassen sich schrecken von den technischen Anforderungen, sie haben tatsächlich oft weniger Kenntnisse am Computer und sind nicht bereit, sich dieses Wissen in Kursen anzueignen“, sagt Inka De Pendraza, Berufsberaterin beim Arbeitsamt. Gerade mal 26 Absolventinnen, so De Pendraza, hätten sich in diesem Jahr für eine Ausbildungsstelle im IT-Bereich beworben. Dabei würde auch in Bremen händeringend nach Nachwuchs gesucht.

„Wenn die Mädchen zur Berufsberatung gehen, ist es schon zu spät“, glaubt Hilde Adolf, SPD-Senatorin für Frauen und Arbeit. Spätestens in der Grundschule müsse der Umgang mit dem PC selbstverständlich werden, und zwar für Jungen und Mädchen. Mit dieser Idee stand sie nicht allein. Frau De Pendraza bat die SPD-Fraktion, über PC-Zertifikatskurse an der Schule nachzudenken, die Unternehmerin Brigitte Brünjes forderte ein Pflichtfach „Informatik“, obgleich sie bei Neueinstellungen auf technische Kenntnisse kaum Wert lege: „Das kann man alles lernen und die Programmiersprachen veralten sowieso schneller als man gucken kann“. Was man nicht später lernen kann, sagt Brünjes, sei Neugierde und soziale Kompetenz. Dennoch, „das Arbeiten mit dem Computer ist eine Kulturtechnik wie Lesen und Schreiben.“ Entsprechend müsse man den PC in allen Fächern als Werkzeug benutzen und nicht als Spezialausrüstung für Techno-Freunde. Anwesende LehrerInnen bestätigten, dass der Computerraum noch immer das „doppelt abgesperrte Heiligtum“ einer Schule sei – Berührungsängste also nicht nur bei Mädchen, sondern auch bei Lehrern, die zu wenig wissen und sich nicht blamieren wollen. Betriebspraktika für SchülerInnen und LehrerInnen war mithin eins der Stichworte, die Helga Ziegert, DGB-Vorsitzende und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD, am Ende des Gesprächs auf dem Zettel hatte.

Eine rein quantitative Ausweitung des Unterrichts sei jedenfalls nicht das Mittel gegen Benachteiligung. „Solange IT in erster Linie mit Technik und Naturwissenschaften konnotiert wird, bleiben viele Mädchen draußen“, wusste die Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Hauffe. Häufig würden auch Lehrer nur eine Technologie vermitteln. Die reine Technikverliebtheit, das „Fehlen einer Nutzen- und Sozialorientierung“ sei für Mädchen schlicht ein Rausschmeißer.

hey

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen