: Das schwarze Schaf wird nicht vergoldet
Keine Überraschungen beim Deutschen Fernsehpreis: „Big Brother“ bleibt ohne den Segen der Branche
„Vielen Dank, ich liebe euch“ – mit der von den Oscar-Verleihungen bekannten goldenen Worthülse bedankte sich Natalie Wörner für ihren Preis als beste Schauspielerin. Wen genau liebte sie? Den Jury-Vorsitzenden Lutz Hachmeister, der mit der Nominierung von „Big Brother“ im Vorfeld für Diskussionen und entsprechendes Aufsehen gesorgt hatte? Oder das ZDF, wo sie in der „Bella Block“-Folge „Blinde Liebe“ zu sehen war – und dessen Intendant Dieter Stolte nach der Preisverleihung in Köln noch einmal austeilte: Wäre „Big Brother“ (RTL2) als beste Unterhaltungssendung im deutschen Fernsehen ausgezeichnet worden, „hätten wir ein Problem gehabt“.
Womöglich gar einen Ausstieg der öffentlich-rechtlichen Anstalten aus dem erst 1998 aus „Telestar“ und „Goldenem Löwen“ fusionierten Fernsehpreis, wie zuvor gedroht worden war. Neben „Big Brother“ waren Günther Jauchs „Wer wird Millionär?“ (RTL) und die WDR-Produktion „Zimmer frei!“ nominiert. Dass Jauch das Rennen machte, dürfte aber dennoch für zufriedene Mienen bei den Machern von „Big Brother“ gesorgt haben: die holländische Firma Endemol steckt auch hinter „Wer wird Millionär?“. Rainer Laux, Produzent von „Big Brother“, freute sich dennoch über die kostenlose Publicity für sein umstrittenes Format: Die Sendung müsse „erst einmal kompatibel werden“, betonte der RTL2-Mann.
ZDF und ARD können dennoch unbesorgt sein: Mit acht bzw. sechs Preisen gingen die Öffentlich-Rechtlichen als erfolgreichste Sender aus der Veranstaltung hervor, gefolgt von RTL (vier), Sat.1 (drei) sowie Pro7 und n-tv mit jeweils einer Auszeichnung. Im Vergleich zum Vorjahr waren die Kategorien von 33 auf 23 eingedampft worden. Als besten Fernsehfilm des Jahres würdigte die Jury „Warten ist der Tod“ (ZDF), mit dem sich auch der ehemalige „Fahnder“ Jörg Schüttauf als bester Schauspieler und Peter Döttling als bester Kameramann empfehlen konnten. Schüttauf indes war der Gala fern geblieben.
Für ihre Leistungen als Seriendarsteller wurden das „Tatort“-Tandem Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt ausgezeichnet, Dagmar Menzel erhielt einen Preis für ihren Part in „Klemperer“. Über die „besten Nebenrollen“ können sich Jürgen Tarrach („Tatort: Norbert“, ARD) und Anna Bötcher („Jack‘s Baby“, Sat.1) freuen.
Allzu lange Ovationen nervten die 90-jährige Inge Meysel, die mit einem Ehrenpreis für ihr Lebenswerk bedacht wurde: „So viel Applaus habe ich erst verdient, wenn ich 100 bin“, maßregelte die „couragierte Frau für alle Fälle“ (Dieter Stolte) ihr Publikum.
Die dreistündige Gala, moderiert von Ulla Kock am Brink, ging auf dem Studiogelände „Coloneum“ bei Köln über die Bühne, auf der sich etwa ein mit Strapsen und Stöckelschuhen bekleideter Ingolf Lück aus Laudator versuchte.
So lustig das gewesen sein mag – der Preis für die „beste Comedysendung“ aber ging an die „Late Night Show“ (Sat.1). Harald Schmidt konnte damit erwartungsgemäß Hape Kerkeling („Darüber lacht die Welt“, Sat.1) und Michael Herbig mit seiner „Bullyparade“ (Pro7) überrunden. Glücklicherweise in die Röhre guckte auch Uschi Glas („Sylvia – eine Klasse für sich“, Sat.1), die sich in der Kategorie „beste Serie“ gegen „Ritas Welt“ (RTL) mit Gaby Köster geschlagen geben musste.
Obschon der Deutsche Fernsehpreis bei seiner zweiten Verleihung in der Branche bereits große Akzeptanz findet, bemängelte ARD-Chefredakteur Hartmann von der Tann das Übergewicht der „Fiction“ gegenüber Informationssendungen: Nur drei Kategorien (Dokumentation, Reportage, Nachrichten) sind für nonfiktionale Formate vorgesehen. Und dort räumte denn auch der SWR mit der Doku „Der Tunnel“ und das ZDF mit der Reportage „37 Grad – Es geschah beim Schützenfest“ ab.
Im Rennen um die „beste Moderation einer Nachrichtensendung“ aber unterlagen Klaus-Peter Siegloch und Petra Gerster („heute“, ZDF) einer erfrischenden Sandra Maischberger, deren gleichnamige Sendung auf n-tv sich noch vor der „Telebörse“ von Senderkollege Markus Koch platzieren konnte.
Maischberger wird damit nicht nur den Preis – eine Kristalltrophäe von fast zwei Kilogramm – mit nach Hause nehmen, sondern auch die Gewissheit, ihre Karriere wieder aufs richtige Gleis gehoben zu haben.
ARNO FRANK
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