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Wie ist der Staat Vorbild?

betr.: „Keine schwarze Pädagogik“(Wie lassen sich Antisemitismus, Fremdenhass und rechte Gewalt verhindern?), taz vom 5. 10. 00

[...] Martin Altmeyer schreibt da u. a.: „Handelt es sich nicht um Formen der Perversion – die bekanntlich zunehmend aus dem privaten in den öffentlichen Raum treten?“ – Wie verhält es sich damit, wenn die Bundesregierung der Türkei Kriegsgerät liefern will, mit dem die Kurden niedergehalten werden sollen? Handelt es sich nicht um eine Form von Perversion, wenn eine „sozialdemokratische“ Partei jahrzehntelang geduldet hat, dass SS-Größen beziehungsweise deren Witwen satte Pensionen in der Bundesrepublik erhielten oder noch erhalten, heute auf einmal Zivilcourage vom Volk verlangt? Ist es normal, wenn ein Herr Klimmt (Vorsitzender SPD Saar) nichts Verwerfliches daran findet, dass ein ganzer Stadtteil in Völklingen/Saar nach dem Hitler-Intimus Röchling benannt ist? Wie ist der Staat Vorbild, wenn einerseits Nazi-Richter seinerzeit unbehelligt weiter „Recht“ sprechen durfen, andererseits aber Wehrmachtsdeserteure jahrzehntelang um ihre Rehabilitation kämpfen mussten? Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken! HARALD PAPENFUSS, Erfurt

Keine „bizarren Persönlichkeiten“

betr.: „Das Pavillonuniversum“, taz vom 4. 10. 00

In Fritz Tietz’ glossierender Kritik über das Expo-TV, finden sich die Zeilen: „Eine Art Parallel- bzw. Pavillonuniversum, darin überwiegend bizarre Persönlichkeiten an mitunter bestürzend merkwürdigen Orten äußerst seltsame Dinge tun, die einen jedoch nicht selten in schallendes Gelächter ausbrechen lassen. Kein Wunder, wenn, wie’s im Expo-Magazin mit verblüffender Selbstverständlichkeit geschieht, ganz normale Messehallen plötzlich ‚Themenpark Gesundheit‘ oder ‚Forum Wasserwelten‘ heißen.“

Dazu folgende Anmerkung: Das „Forum Wasserwelten“ wäre vor allem eine bizarre Messehalle, denn hätte Fitz Tietz mal genauer hingeschaut, hätte er vielleicht entdeckt, dass es nicht einmal ein Dach besitzt. Das hat seinen Grund: Das „Forum Wasserwelten“ wurde, mit Unterstützung vom Sponsor e-on, als Pavillon des Goethe-Instituts eigens für die Expo entworfen und in Anlehnung an die Form einer Muschel gebaut. Es befindet sich zwischen den „normalen Messehallen“ 16 und 17. Im „Forum Wasserwelten“ – und das mag diesen für Fritz Tietz so merkwüdig klingenden Namen erklären – dreht sich alles um das Thema Wasser, und so stellen dort u. a. die Gewinner des vom Goethe-Institut weltweit ausgeschriebenen Wettbewerbs „Wasserwelten“ ihre Projekte vor. Das alles lässt sich, wenn man schon nicht genau hinschaut, innerhalb von ein paar Minuten recherchieren.

Weder die Mitarbeiter noch die Besucher des „Forum Wasserwelten“ oder die Künstler, die dort auftreten, u. a. Elisabeth Mann-Borgese, sind übrigens „bizarre Persönlichkeiten“, und auch für die Moderatoren des „Expo-Magazins“ dürfte diese Bezeichnung, die sicherlich jemanden wie Slobodan Milošević charakterisieren würde, weit über das Ziel hinausschießen. Vielleicht sollte man bei der Wahl seiner Mittel nicht immer gleich zur Keule greifen. Neben solch platten Beleidigungen verblassen dann auch schnell treffende Bilder wie das „Pavillonuniversum“.

JÖRG SCHALLENBERG, Goethe-Institut/Forum Wasserwelten

München

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