: Studentencombo mit Anspruch
■ Erneuerer des kubanischen Son: „Sierra Maestra“ in der Fabrik
Vor 25 Jahren traten sie an, den kubanischen Son nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, und mittlerweile haben sie einiges zu seiner Erneuerung beigetragen. Juan de Marcos González, heute Bandleader der Afro Cuban All Stars, hob Sierra Maestra 1976 gemeinsam mit Jesus Alemañy aus der Taufe. Beide studierten damals gemeinsam mit den restlichen sieben Mitgliedern der Band am Konservatorium in Havanna und entdeckten den traditionellen Son für sich. Der stand unter „ferner liefen“ auf dem Lehrplan, deshalb fackelten die Musiker nicht lange, gründeten Sierra Maestra und entstaubten vergessene Stücke. Das kam an, und heute sitzen Bandmitglieder bei der alljährlichen Preisverleihung für die besten Nachwuchsmusiker immer mal wieder in der Jury.
Die Band beschränkte sich nicht auf das Nachspielen alter Hymnen, sondern interpretierte sie neu und hauchte so mancher alten Guaracha mit einigen zusätzlichen Takten neues Leben ein. Evergreens, wie das hinreißende „Dundunbanza“ von Arsenio Rodríguez, waren so auf einmal für die Jugend tanzbar. Doch auch längst vergessene Rhythmen haben Juan de Marcos González und Co. wieder aufleben lassen. Zum Beispiel den Sucu-Sucu, eine Son-Spielart, die sich auf der Isla de Pinos (der heutigen Insel der Jugend) entwickelte. Dabei kommen Akkordeon und Harmonika zum Einsatz, Calypso-Anklänge schimmern durch.
Angesichts der Entdeckungsfahrten Sierra Maestras in die kubanische Musikgeschichte kann es kaum verwundern, dass Bandleader Juan de Marcos González auch die treibende Kraft hinter dem Buena Vista Social Club war. Mit dem Projekt hat er sich seinen Traum erfüllt, unterschiedliche Generationen zusammenzuführen und die Musik der 40er und 50er Jahre aufleben zu lassen.
Danach kehrte er Sierra Maestra den Rücken und machte sich mit eigenem Label selbstständig. Auch Jesus Alemañy hat die Band längst verlassen, ist nach London übergesiedelt und tourt mit Cubanísmo um den Globus, so dass Alejandro Suárez und Eduardo Himely nun zeigen können, was sie drauf haben: Schon bei der letzten CD Tibira Tábara führten sie gekonnt Regie, und Himely arrangierte das Gros der Stücke. Jüngst betraten Sierra Maestra Neuland – sie schrieben die Filmmusik zu Salsa & Amor und bewiesen in der französisch-spanischen Produktion (Regie: Joyce Sherman Buñuel) gar schauspielerisches Talent.
Das werden sie in der Fabrik nicht benötigen. Da sind Stücke wie Mi Música es tu Música oder das grandiose Yo soy Tiburón gefragt, um die wachsende Kuba-Gemeinde aufs Parkett zu lotsen. Knut Henkel
heute, 21 Uhr, Fabrik
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