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Tories und Tüten

Die britischen Konservativen zerstreiten sich über die Drogenpolitik, und die Blair-Regierung freut sich

DUBLIN taz ■ Vor einer Woche knallten bei den britischen Tories noch die Sektkorken. Die innenpolitische Sprecherin Ann Widdecombe hatte auf dem Parteitag „Null Toleranz“ und automatische Geldstrafen von hundert Pfund für Menschen propagiert, die selbst mit Kleinstmengen Cannabis erwischt werden.

Am Sonntag erklärten sieben Mitglieder des Tory-Schattenkabinetts, darunter der außenpolitische Sprecher Francis Maude und der Fraktionsführer im Oberhaus, Lord Strathclyde, dass sie selbst schon mal einen Joint geraucht hätten. Widdecombe musste einen peinlichen Rückzieher machen: Sie hätte nicht von „Null Toleranz“ sprechen dürfen, sagte sie, denn jeder interpretiere diese Phrase anders.

Tory-Parteichef William Hague war danach in Erklärungsnot. Seine Partei habe keineswegs eine Wende in ihrer Drogenpolitik vollzogen, man müsse das Thema lediglich intensiver diskutieren. Die britische Presse sah das anders und titelte: „Tories in Tumult.“ Hague betonte, dass er seine Mitglieder im Schattenkabinett persönlich aufgefordert habe, über ihre Drogenvergangenheit Rechenschaft abzulegen. Damit wollte er Gerüchten zuvorkommen, wonach der Finanzexperte Michael Portillo die öffentliche Beichte organisiert habe, um Widdecombe zu schaden. Portillo gilt als aussichtsreicher Kandidat für Hagues Nachfolge, sollte der die nächsten Parlamentswahlen verlieren. Seine schärfste Konkurrentin ist Ann Widdecombe. Ein früherer Tory-Minister, der nicht genannt werden will, sagte: „Beide lassen ihre Anhänger einen vollkommen unnötigen Kampf um die Tory-Führung austragen. Wir haben einen Parteichef, und er macht es nicht schlecht. Die beiden sollten ihre Anhänger besser unter Kontrolle haben.“

Das Zerwürfnis zwischen dem liberalen und autoritären Flügel der Tories, das bei der Drogendebatte deutlich wurde, ist für die Labour-Partei ein Geschenk des Himmels: Die Regierung, die seit der Benzinkrise erheblichen Boden an die Tories verloren hat, befindet sich wieder im Aufwind. RALF SOTSCHECK

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