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Polen seit 1945

Das Abschlussdokument der Konferenz von Jalta, wo sich Februar 1945 die Regierungschefs der Anti-Hitler-Koalition trafen, sah für Polen freie Wahlen auf pluralistischer Grundlage vor. In Warschau hatte sich aber schon eine prosowjetische Regierung etabliert.

Insofern besiegelte Jalta tatsächlich die sowjetische Oberhoheit über ein Land, das der Einschätzung Stalins zufolge für den Kommunismus gänzlich ungeeignet war. Polen wurde Teil des sowjetischen Machtbereichs, pflegte aber mehr Schlupflöcher in den Westen als die meisten seiner „Bruderstaaten“.

Nach der demokratischen Wende des „Runden Tisches“ von 1989 nahm die Regierung von Tadeusz Masowiecki an jenen Sitzungen der Zwei-plus-vier-Konferenz zur deutschen Einheit teil, die das deutsch-polnische Verhältnis betreffen. Im Ergebnis war die Rückkehr Polens nach (dem westlichen) Europa ermöglicht.

Vermittels der „Schocktherapie“ unternehmen die polnischen Regierungen in der ersten Hälfte der Neunzigerjahre Schritte der Anpassung an die westlichen kapitalistischen Marktwirtschaften.

1998 wurde Polen Mitglied der Nato. Am 10. November des Jahres begannen die Beitrittsverhandlungen Polens zur EU. Vorher hatte der neue deutsche Bundeskanzler Schröder in Warschau erklärt, die auf eine möglichst rasche EU-Integration Polens gerichtete Politik der Kohl-Regierung fortsetzen zu wollen. Die deutsche Seite ließ sich auf kein Beitrittsdatum festlegen.

Deutsche Wirtschaftsverbände und wissenschaftliche Institutionen haben das Jahr 2006 als realistisches Beitrittsdatum vorgeschlagen. Bei den Brüsseler Verhandlungen wurde inzwischen ein erster Durchgang, das Screening, abgeschlossen. Die eigentlichen Verhandlungen zur Übernahme des gesamten EU-Rechts haben begonnen.

Im Zentrum der Verhandlungen stehen folgende Fragen: Wie kann die polnische Landwirtschaft in das Regelwerk der EU eingepasst werden? Soll das Subventionssystem gestrichen werden, wie es die polnische Seite vorschlägt? In welchem Tempo können die Umweltstandards implementiert werden?

Soll es Ausnahme- und Übergangsregelungen für die Migration polnischer Arbeitskräfte in den Westen einerseits, für den Erwerb polnischer Grundstücke für EU-Bürger (sprich Deutsche) andererseits geben?

Durch eine Rede im Frühjahr dieses Jahres hat Außenminister Joschka Fischer das Problem verschiedener Integrationsgeschwindigkeiten aufgeworfen. Die polnische Seite hat danach betont, sie werde sich mit dem Status als Zweiteklassemitglied nicht abfinden. CS

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