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Klangzauber statt Utopie

Wenn der Raum von ständigen Sprachlauten schwirrt, deren Ursprung nicht zu orten ist: Akio Suzukis Installationen „howling objects“ und „muro biko“ in der Parochialkirche

Nicht unbedingt resigniert aber doch ernüchtert konstatiert Theodor Wiesengrund Adorno im Nachwort seiner „Musiksoziologie“: „Das affirmative Moment aller Kunst, und das von Musik zumal, ist Erbe des alten Zaubers; der Ton, mit dem jegliche Musik anhebt, hat bereits etwas davon, Utopie ebenso wie die Lüge, jene sei schon gegenwärtig.“ Was also tun, mit der verderblichen Affirmation? Will sich die alte, kultische Magie, die der Musik seit jeher anhaftet, partout nicht abwaschen lassen? Noch nicht einmal im seriellen Kalkül?

Der japanische Klanginstallateur Akio Suzuki, Jahrgang 1941, setzt auf den Versuch eines Spiels mit dem mystischen Urgrund seiner Klänge. Und so lässt sich Suzuki in seinen zwei Installationen, die noch heute und morgen in der Parochialkirche zu besichtigen sind, auf den Zauber des Klanges ein.

Eine kleine Arbeit, „howling objects“, ist im kühl gemauerten Glockenturm ausgestellt. An metallenen Ketten hängen zwei Bambusrohre von der Decke, aus denen in unregelmäßigen Abständen ein dumpfer, fahler Klang schwillt. Auch wenn die Geräuschquelle nicht sofort einsichtig ist, schnurrt beim Hörer eine Assoziationskette ab, die in etwa lauten könnte „Naturmaterial, spirituelle Instrumente (Didgeridoo, Regenmacher), geistliche Aura, esoterischer Kitsch“.

Die Pointe der „howling objects“ liegt nun darin, dass die Bambusrohre an der Klangproduktion keinerlei Anteil haben. Stattdessen lösen im Bambusrohr angebrachte Sender bei zwei mit eleganter Beiläufigkeit am Boden platzierten Empfängern den fahlen Klang via Rückkoppelung hervor.

Suzukis zweite Arbeit, „muro biko“, weniger griffig und robust, spielt ebenfalls mit Hörerwartung und -unsicherheiten. Suzuki hat einige Exemplare seines Echoinstruments Analapos unter das Deckengewölbe des Kirchenschiffs gehängt. Das Analapos besteht aus zwei Blechdosen sowie einer Metallspirale und erinnert stark an selbstgebastelte Dosentelefone aus der Kindheit. Eine der beiden Dosen wird jeweils mit einem kurzen Vokallaut aus Lautsprechern gefüttert, der sich dann in Echos vervielfältigt. Der Raum schwirrt unter den ständigen Sprachlauten, die beim besten Willen nicht zu orten sind. Hinzu tritt perkussives Flackern, das zwei weitere Lautsprecher verströmen und das das Klanggeflecht unentwirrbar verdichtet wie es den kausalen Nachvollzug der Klangproduktion verhindert.

Natürlich ist es keine Seltenheit, dass Klanginstallationen die Klanggenese verschleiern. Im Gegenteil gehört eine glatte Oberfläche zu den Grundzügen der Gattung. Aber Suzuki spielt mit dieser Oberfläche, er legt falsche oder verdunkelt die rechten Fährten. Damit hat er den mystischen Ursprung, den alten Zauber, das affirmative Moment aller Kunst, keineswegs ausgeschaltet. Aber eine Arbeit wie „howling objects“ macht deutlich, wie faul der Zauber sein kann. BJÖRN GOTTSTEIN

Die Klanginstallationen sind zugänglich heute von 14–20 Uhr und morgen von 14–24 Uhr in der Parochialkirche, Mitte

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