Von Sach- und Szenekenntnissen ungetrübt

■ Neuer CDU-Sicherheitsberater haut schon beim ersten Schlag daneben

Flexibilisierung ist ein Schlagwort, auf das die CDU setzt. Geht es um den effizienten Einsatz von Arbeitskraft, verlangen die christlichen Demokraten ArbeitnehmerInnen ab, sich in die Gegebenheiten des Wirtschaftsstandortes Hamburg zu fügen. Werden hingegen RichterInnen mit neuen Aufgaben betraut, ist das für die CDU-Bürgerschaftsfraktion ein Skandal.

Deren neuer „Sicherheitsberater“ Roger Kusch trommelte am gestrigen Sonntag die Presse zusammen um mitzuteilen, dass im September das Amtsgerichtspräsidium entschieden habe, das Wirtschafts- und Drogendezernat beim Amtsgericht Mitte aufzulösen. Der Skandal liegt für Kusch nicht etwa in der Befürchtung, dass in Zukunft Wirtschafts- und Drogendelikte unbearbeitet liegen blieben. Denn die werden auch weiterhin bearbeitet, eben nur an anderer Stelle.

Schlimm findet Kusch vielmehr, dass „eine funktionierende Struktur“ aufgelöst werde. Das Richteramt lebe von der Sachkenntnis derjenigen, die die Akten bearbeiten. Bei Drogendelikten vor allem bräuchte man „Szenekenntnisse, sonst muss ein Richter jedem Zeugen glauben, der dummes Zeug daherquatscht“. Nun müssten sich neue RichterInnen in die Wirtschafts- und Betäubungsmittelrechtsprechung einarbeiten, kritisierte Kusch, der als Jurist und ehemaliger Richter weiß, dass die Lektüre aktueller Urteile eine der wesentlichen Aufgaben von RichterInnen ist.

Laut Gerichtssprecherin Sabine Westphalen hat der eifrige CDU-Sicherheitsberater, seit knapp zwei Wochen im Amt, einiges missverstanden. Die Sonderzuständigkeit für Wirtschaftsstrafsachen werde keinesfalls aufgelöst. Die damit betrauten RichterInnen würden nur künftig nicht zusätzlich über Drogendelikte, sondern über Verkehrsstrafsachen entscheiden. Drogen werden von den allgemeinen Strafkammern mitbearbeitet. Zum einen, so Westphalen, passe das inhaltlich besser zusammen, weil Junkies eher Diebstähle als Steuerhinterziehungen begingen.

Zudem werden die Drogendelikte dann nicht mehr im DAG-Gebäude, sondern im Strafjustizgebäude verhandelt – und die Angeklagten müssen nicht mehr in Handschellen quer über den Sievekingplatz geführt werden.

Elke Spanner