piwik no script img

Kampfhunde kategorisch killen

Tierrechtler warnen in Harburg vor Massenmord. Prozess um Pitbull-Attacke in Wilhelmsburg gegen falschen Angeklagten eingestellt  ■ Von Kai von Appen

Der Auseinandersetzung um die Einschläferung von Kampfhunden nach der neuen Hundeverordnung geht weiter: Nach Informationen der taz sind Hamburgs amtliche Veterinäre von der Gesundheitsbehörde angehalten worden, sich für die Einschläferung von Hunde der „Kategorie I“ bereitzuhalten. Das Gros der niedergelassenen Tierärzte hatte sich geweigert, am „Tiermord“ teilzunehmen. „Wir stehen zur Hundeverordnung, daher wird es weitere Einschläferungen geben, aber keine Massentötung“, beteuert der Chef des Veterinäramts, Dr. Peter Brehm.

Das sehen die Tierrechtler anders, die seit Sonntag rund um die Uhr vor dem „Vernichtungslager“ – wie sie es nennen – im Harburger Seehafen gegen den „Rassenmord“ eine Mahnwache abhalten. Deren Motto: „Die Hunde werden nicht leise sterben.“ Im eigens vom Senat zur Umsetzung der Hundeverordnung eingerichteten Zwingerlager sind seit Ende September rund 90 Hunde der „Kategorie I“ – Pittbulls, American Staffordshires und Bullterrier – ohne Auslauf eingesperrt. Sie waren aufgegriffen oder wegen Verstößen des Halters gegen die Hundeverordnung eingezogen worden. Sieben Terrier sind inzwischen offiziell „als nicht mehr als vermittelbar“ eingeschläfert worden.

„Alle Angebote von Tierschutzorganisationen, Hunde aus Harburg aufzunehmen und diese unabhängig und fair zu testen, wurden von den Ordnungsbehörden abgelehnt“, empört sich eine Aktivistin des Tierrechtsvereins „die Tierbefreier“: „Durch das übereilte Töten der Hunde sollen Fakten geschaffen werden.“

Die Zeit drängt: Wenn SPD-Bürgermeister Ortwin Runde seine Ankündigung in die Realität umsetzen will, generell Hunde der „Kategorie I“ von den Straßen zu verbannen, braucht er Platz in den Käfigen. Ab 28. November droht nämlich allen Vierbeinern der inkriminierten Rassen die Einziehung – egal wie gefährlich – falls sich die Besitzer nicht freiwillig geoutet haben.

Unterdessen befasste sich ges-tern das Amtsgericht Harburg mit dem Kampfhund „Zeus“, der im Juni den 7-jährigen Volkan in Wilhelmsburg tötete. Der Fall war Auslöser für die Kampfhundhysterie. Angeklagt war der Bruder des „Zeus“-Halters Ibrahim K.. Wenige Wochen vor dem tragischen Tod hatte der scharfgemachte Pittbull einen Schäferhund angefallen. Als dessen Halter von den beiden Männern zur Abwehr ein Messer verlangte, soll der Angeklagte gesagt haben: „Dann können wir dich gleich mit abstechen.“

Gestern stellte sich heraus, dass die bedrohlichen Worte von Ibrahim K. ausgestoßen worden waren. Freispruch also für dessen Bruder – und zusätzlich Belastendes gegen Ibrahim K., der wegen vorsätzlicher Tötung von Volkan in Untersuchungshaft sitzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen