■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Bedrouille für 1.000 Mark
Das hat man selten im Armen-Schluckerland Bremen: Es gibt Geld – zu viel Geld. So ging es zumindest dem verdutzten Lehrer Bernhard Stredele, dem der Beirat Hemelingen neulich mehr Geld verpassen wollte, als Stredele lieb war. Während der Beirat, der den Tagesordnungspunkt sechs („Stredele“) noch schnell vor dem nach Hause gehen abhandeln wollte, seinen Ohren nicht traute: Aus veranschlagten fünf Minuten Redezeit wurden unversehens 20 Minuten Rechtfertigungen.
Man stelle sich vor: 300 Mark wollte der wackere Lehrer vom Technischen Bildungszentrum Mitte haben für Sonderpreise im Rahmen von Jungend forscht. 300 Mark! Ein eigener Sonderpreis des Beirats könne die Forscher-Glut für stadtteilbezogene Projekte vielleicht noch ein biss-chen anfachen.
„Wirklich auuusgesprochen löblich“, stellte der Beirat beglückt fest. Aber: 300 Mark Preisgeld – eigentlich sei das ja ein bisschen kümmerlich. 1.000 Mark. Für die mit Taschengeld verwöhnten kids von heute sei das doch passender. Gesagt getan: Abstimmung. Alles einstimmig. 1.000 Mark für Stredele. Und weiter im Text.
Fast wäre schon Tagesordnungspunkt acht – der letzte an diesem späten Abend – aufgerufen worden. Stredele konnte gerade noch intervenieren. Denn von 1.000 Mark sei nie die Rede gewesen. Wohlweislich habe er ja nur 300 Mark beantragt.
Und dann holte Stredele aus – weiter als es irgendjemand an diesem Abend hören wollte. Statt mehr Geld bräuchte er mehr Lehrerstunden. Aber mehr Lehrerstunden kriegt man ja nicht vom Beirat. Und so weiter. Die Stadtteilpolitiker in den vermeintlichen Spendierhosen guckten jedenfalls erstmal ganz schön blöd aus der Wäsche. Dann kam Stredele auf den Punkt: 1.000 Mark könne er unmöglich nehmen, weil die Preisgelder für Regionalwettbewerbe bis 16 Jahre gestaffelt seien – von Jugend forscht höchstpersönlich. Mehr als 300 Mark seien da beim besten Willen nicht drin. Und das gelte auch für Sonderpreise des Beirats – auch wenn man sich auf den Kopf stellen würde.
Ohne Ortsamtsleiter Hans-Günther Köhler würden die heute noch diskutieren. Aber Köhler befand kurzerhand, dass noch weitere Preise von den 1.000 Mark bezahlt werden könnten. Auch Materialkostenzuschüsse seien drin. Stredele schluckte. Und akzeptierte. Sonst wäre das aber auch irgendwie schön doof, findet
Ihre Rosi Roland
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