Ohne „feministische Brille“

■ Dr. Nahlah Saimeh ist mit gerade mal 34 Jahren neue Chefärztin der Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Zentralkrankenhaus Bremen Ost

Nicht Psychiatrie, sondern „was Richtiges“ wollte Nahlah Saimeh machen, als die Uni losging. Medizin – ja, schon immer. Aber Psychiatrie – eher nicht. Dafür hat sie bis heute einen ganz zielstrebigen Weg hingelegt. Seit einigen Wochen ist die 34-Jährige Chefärztin in der Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Zentralkrankenhaus Bremen Ost. Klar sei sie jung für solch einen Posten, sagt sie, die Menschen um sie herum hätten nicht so recht daran geglaubt, dass sie den Job bekommt. Doch Nahlah Saimeh kokettiert keinen Moment mit ihrer relativen Jugend. Sie findet es „durchaus erstaunlich und bemerkenswert, dass man sich zu der Entscheidung durchgerungen hat“, sie als Nachfolgerin des langjährigen Chefarztes Dr. Axel Titgemeyer zu berufen. Aber von ihrer Seite aus nur angemessen. Nach zwei Jahren als Oberärztin in der Psychiatrischen Klinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf „hatte ich das Gefühl, jetzt könnte es weitergehen.“ Und vergisst nicht, gleich mehrfach zu betonen, „dass ich mich maßlos freue, dass es weitergeht.“

Nahlah Saimeh ist in Münster geboren und aufgewachsen. Nur ihr Name ist jordanisch, zur arabischen Kultur hat sie keinerlei Verbindungen. Dass sie Ärztin werden will, wusste sie seit Kindheit an, und zur Schule ist sie „extrem gern“ gegangen. Musterschülerin? Ja, sagt sie, „das war mir sehr wichtig“. Aber, setzt sie gleich hinterher, aus Spaß. Nicht „intentional mit dem Blick auf den NC“.

Dann das Medizinstudium, „was Richtiges.“ Und als Nahlah Saimeh eine Psychiatrie-Vorlesung hört, gibt es „ein sofortiges Aha-Erlebnis“. An dem Fach faszinieren sie die vielen Verbindungen zu anderen Disziplinen, zu Soziologie, Psychologie, zu Naturwissenschaften, zu Jura und zur Kriminologie.

Von da an absolviert sie die akademischen Stationen in rasantem Tempo. Und sieht den Schlüssel ihrer Karriere darin, schlichtweg viel gearbeitet zu haben und sich ein bisschen „gegen den Mainstream“ bewegt zu haben. Bei ihrer Arbeit an der Uni – wo es auch die Möglichkeit gegeben hätte, sich sehr mit Theorie zu beschäftigen – war sie viel auf der Station, hat viel mit PatientInnen gearbeitet. Und natürlich: „Ich habe immer das Glück gehabt, mit dem, was ich gemacht habe, auch eine spezifische Anerkennung zu finden.“

Die Männer-Frauen-Karriere-Kiste ist für sie nicht so heiß. Da werde sie „diplomatisch“ antworten und „mich nicht in die Friteuse setzen“. Nahlah Saimeh sagt dazu: „Ich neige nicht dazu, die Dinge durch eine feministische Brille zu sehen.“ Sie habe sich für ihr berufliches Leben entschieden, und dass es männliche Kollegen leichter gehabt hätten, habe sie nicht beobachten können. Aber sie kann verstehen, dass sich manche umgewöhnen müssen, deren Chef nun Frau Dr. Nahlah Saimeh ist. Sie habe auch gestutzt, als sie neulich einem Vorzimmerherrn statt der üblichen -dame begegnet sei.

Ihre Ziele in Bremen Ost: „die innere Differenzierung ausbauen, die Therapien modifizieren“. Die Nachsorge will sie ausbauen, den Kontakt zum Opferschutz weiter aufbauen.

Und privat? Kunst ist der Frau vom Rhein ganz wichtig. Dafür fliegt sie in die großen Städte dieser Welt, am liebsten – „ganz unoriginell“ – nach New York. Der Lebensgefährte blieb in Düsseldorf. Die beiden pendeln? Nahlah Saimeh: „Er pendelt.“ sgi