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Trauern mit Kultur nach DIN

■ In Bremen gibt es ein Netzwerk, das versucht, in einem sensiblen Bereich Grenzen zu überwinden und Angehörige besser zu informieren

Eine Beerdigung nach DIN-Norm – bald ist sie möglich. DIN 77300 regelt die Anforderungen an Bestattungsdienstleistungen. Makaber? Nicht wirklich, finden Cordula Caspary und Michaela Höck. Erstere ist Kulturwissenschaftlerin und Bestatterin, zweite ist Trauerbegleiterin. Beide wollen, dass das immer noch mit einem Hauch von Tabu umgebene Thema endlich etwas Lebendigeres bekommt. Deshalb haben sie das Bremer Netzwerk Trauerkultur ins Leben gerufen. Es besteht bereits seit 1999, trifft sich alle zwei Monate und ist derzeit noch vollauf damit beschäftigt, gegenseitige Vorbehalte abzubauen. Die Mitglieder kommen von Stadtgrün, Abteilung Friedhöfe, vom Landesverband der Bestatter, vom Bestattungsunternehmen Ge-be-in, von der Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz, von der evangelischen und katholischen Kirche, von der Bundesarbeitsgemeinschaft Trauerredner, schließlich sind Trauerbegleiter dabei.

„Wir haben uns gedacht, es müsste Leute geben, die die Vielfalt auf dem Gebiet sichtbar machen“, sagt Cordula Caspary. Es sehe, ergänzt Michaela Höck, immer so aus, „als würde jeder seine eigene Suppe kochen.“ Erstmal ging es den beiden Frauen darum, die verschiedenen Gruppen ins Gespräch zu bringen. „Da gibt es unheimlich viele Animositäten und Berührungsängste, Missverständnisse, die den Verlauf rund um die Bestattung erschweren“, hat Bestatterin Caspary im Lauf der Jahre gelernt.

Viel Moderationsarbeit bedeutet das Netzwerk daher für Caspary und Höck. Sich dazwischen schalten, wenn zwei Welten aufeinander prallen. Ein Gegensatz: Die Bestatter verdienen Geld mit dem Sterben, Hospizdienste arbeiten ehrenamtlich. Ein weiterer: Die Trauernden wollen einen Abschied in Ruhe, und dennoch müssen Beerdigungen manchmal im Stundentakt ablaufen.

In kleiner, laut Höck „mittlerweile ziemlich vertrauter“ Runde solche kleineren und größeren Differenzen zu besprechen, das ist Inhalt des Netzwerks. Auch große Zusammenhänge wie Qualitätssicherung per DIN sind Thema, oder ethische Fragen wie: Bedeutet das Schließen von Mund und Augen eines Gestorbenen Würdigung oder Gewalt?

Caspary und Höck wollen den Kreis nach außen öffnen, auch für Angehörige. Diejenigen, für die das Sterben Nahestehender und das Danach mehr sind als nur Entsorgung, die ein Bedürfnis „nach gut recherchierter, seriöser Information“ haben, werden immer mehr – so ihre Wahrnehmung. sgi

Das Bremer Netzwerk Trauerkultur ist zu erreichen über Cordula Caspary, Tel.: 38 30 55.

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