: Roland S. Jefferson: „Die Schule an der 103. Straße“ (1974)
Dieser Roman stammt aus einer Zeit, in der erste Integrationsbemühungen von Seiten der Weißen zu erkennen waren, etwa in Form von Kulturhäusern für Schwarze. Alles nur Fake, behauptet Jeffersons Roman. Auch dort gibt es solch halbherzig-sozialdemokratische Einrichtungen. Doch darunter haben die Weißen ein geheimes Netz unterirdischer Konzentrationslager installiert. Für die nächsten Rassenunruhen wird dort die high-tech für Gehirnlobotomie en gros bereitgehalten. Orwells 1984 grüßt. Diese modernen Folterkeller werden von einer wild gemischten Farbigengruppe aus Underdog-Kids und integrierten Mittelständlern aufgespürt. Die Farbigen veröffentlichen ihre Entdeckung nicht, weil sie einen blutigen Aufstand befürchten. Stattdessen wählen sie die klandestine Tat. Und wieder Mal stürzen die guten Kämpfer nicht den Rassismus, sondern zuallererst sich selbst ins Unglück. Jeffersons Schwarze begegnen dem Rassismus mit Witz und Zynismus. Begrüßungsrituale der Kids am Morgen gehen etwa so: „He, ihr Nigger.“- „Nigger, die so früh unterwegs sind, jagen entweder einer Muschi hinterher, dealen Dope oder sind rausgeworfen worden. Wie steht's bei euch?“ Versaut zeigt Perry, selbst ein Gerichspsychiater, aber vor allem den Mittelstand. Wo gesellschaftliche Anerkennung bei den Weißen versagt bleibt, erhält der Ferrari in der Garage, die hellhäutigere Freundin im Bett und der „goldfarbene Rollkragenpullover von Michelangelo“ allesbeherrschende Bedeutung. „Gib einem Nigger etwas Geld und Bildung und er wird sich immer wie ein Narr aufführen.“ Eine These, die wenigstens von der Hauptfigur widerlegt wird.
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