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Millionen Unterschriften

Russland: Umweltorganisationen fordern Referendum zum Import von Atommüll

MOSKAU taz ■ Umweltschützer in Russland haben unter der Federführung von Greenpeace zweieinhalb Millionen Unterschriften gesammelt, um ein Referendum abzuhalten, das die Einfuhr ausländischen Atommülls nach Russland zur Wiederaufarbeitung und Lagerung unterbinden will. In nur wenigen Monaten hatten Umweltschützer in zwei Drittel aller russischen Provinzen die Unterschriften zusammengetragen.

Susan Gordon, Direktorin der US-amerikanischen „Allianz für nukleare Verantwortlichkeit“, nannte das Resultat in Moskau einen „weltweit bisher einmaligen Präzedenzfall“. In der Tat lässt das Ergebnis aufhorchen. Bisher reagierte die Mehrheit der russischen Bevölkerung eher gleichgültig auf Gefahren, die von der Atomenergie ausgehen. Selbst die Katastrophe von Tschernobyl vermochte in den Neunzigerjahren nicht, den atomaren Fortschrittsglauben der Öffentlichkeit zu brechen.

Wie es darum heute wirklich steht, wird das Referendum zeigen, das frühestens im Frühjahr stattfinden kann. Zunächst müssen die lokalen Wahlkommissionen die Authentizität der Unterschriften feststellen, danach befasst sich das Verfassungsgericht mit dem Antrag. Gibt es keine Einwände, legt Präsident Wladimir Putin den endgültigen Termin des Urnengangs fest.

Bis dahin sind indes noch einige Hürden zu nehmen. Die vereinigte Atomlobby dürfte Himmel und Erde in Bewegung setzen, um das Plebiszit zu verhindern. Erst zu Wochenbeginn gab die Leitung eines bulgarischen Atomkraftwerks bekannt, sie hätte sich mit Moskau auf die Entsorgung von Abfällen verständigt. Noch stört ein Gesetz, das die Lagerung untersagt. Das handzahme Parlament scheint indessen bereit, das Gesetz im Sinne der Regierung zu ändern, die auf schätzungsweise zehn Milliarden Dollar Einnahmen aus dem Geschäft jährlich nicht verzichten möchte. Die Gesetzesänderung ist mit einem geringfügigen Eingriff erledigt: Zur Wiederaufbereitung angelieferter Brennstoff würde nicht mehr zum Abfall zählen.

Wladimir Kusnezow, Direktor des Programms für nukleare Sicherheit beim Grünen Kreuz, weist darauf hin, Russland sei zur Zeit nicht einmal in der Lage, die eigenen Abfälle aufzubereiten – geschweige denn, das aufbereitete Material sachgerecht zu lagern. So würde im Umfeld der Wiederaufbereitungsanlagen Majak 65 sowie Krasnojarsk 26 nukleares Material einfach unter freiem Himmel gelagert und in Tomsk 7 in Erdbohrlöchern versenkt. Nach dem alten russischen Sprichwort „Was dem Deutschen den Tod bringt, ist gut für den Russen“ verhandelt Moskau inzwischen mit dem Siemens-Konzern über die Lieferung der in Hanau vor zehn Jahren eingemotteten AKW-Brennstäbefabrik. KLAUS-HELGE DONATH

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