piwik no script img

Klingende Geschichte

■ Päpstlicher kubanischer Son: Das Septeto Nacional de Ignacio Piñeiro, Top-Band der 20er Jahre, zu Gast in der Fabrik

In der Hall of Fame der kubanischen Musikgeschichte hat Ignacio Piñeiro einen Logenplatz, und viele seiner Stücke haben mit der Renaissance des son cubano eine Wiederauferstehung gefeiert. So auch „Chale Salsita“, die Hymne, die laut einiger Musikhistoriker die Fanía All Stars um Celia Cruz inspirierte, ihre Musik Salsa zu nennen und damit ein neues Genre zu prägen.

Allzu weit hat sich die Salsa nicht entfernt vom kubanischen Son, so dass dessen Papst auch heute noch ein Wörtchen mitreden könnte – egal ob bei kubanischer Timba oder bei Latino-Salsa. Doch Ignacio Piñeiro, genialer Bandleader und Komponist von 327 Sones, hat längst das Zeitliche gesegnet. Seine Band, das Septeto Nacional, hält seine Hits am Leben und segelt erfolgreich auf der Buena Vista-Welle mit.

Aus der Originalbesetzung der zwanziger Jahre, als das Septeto Nacional sich mit dem Sexteto Habanero den denkwürdigen musikalischen Wettstreit um die Vorherrschaft in Havannas Tanzsälen lieferte, ist natürlich niemand mehr dabei. Die beiden Top-Bands der zwanziger Jahre traten parallel bei zwei Radiosendern auf und lieferten sich einen Soundclash um die Gunst der Hörer. Ein logistisch nicht gerade einfaches Unternehmen, denn beide Bands arbeiteten zeitweise mit dem gleichen Sänger, Abelardo Barroso, der sich damals den Spitznamen „der große Caruso“ verdiente und später endgültig zum Septeto Nacional wechselte.

Zwar ging aus dem Wettstreit der Septetos Ignacio Piñeiro nicht als Sieger hervor, da das Sexteto Habanero unter dem Strich mehr Aufnahmesessions bestritt, aber Piñeiro entwickelte den Son weiter: Aus dem Sexteto machte er durch die Einführung der Trompete das Septeto und erweiterte das musikalische Spektrum durch die Verarbeitung von Einflüssen aus anderen Genres – es entstand der Guaracha-Son, der Guajira-Son oder der Son-Pregón. Mitte der dreißiger Jahre warf er dann das Handtuch, die Gagen der damaligen Zeit reichten kaum für das Nötigste. Der geniale Komponist und Arrangeur entschied sich, einen festen Job anzunehmen, statt sich weiter auf die tägliche Hatz nach Engagements zu begeben.

Geblieben sind seine Kompositionen und seine Stile, die Ignacio Aymé Castro mit viel Feingefühl neu und zeitgemäß arrangiert hat. In die Lehre gegangen ist er bei Lázaro Herrera, der rechten Hand Piñeiros, der ihm die Essentials mit auf den Weg gab. Aymé Castro zur Seite steht mit Eugenio „Raspa“ Rodríguez wiederum ein neuer Caruso, dessen rauchige Stimme vielen Stücken einen besonderen Charme verleiht. Eine kleine Zeitreise in die Tiefen des kubanischen Son. Vamos a gozar. Knut Henkel

Donnerstag, 21 Uhr, Fabrik

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen