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Betr.: „Abschiebe-Halbgötter in Weiß“, taz hamburg vom 21.10.2000
Unter Eid
Die im Einwohner-Zentralamt tätigen Ärztinnen sind allein ihrem hippokratischen Eid verpflichtet und damit an keine Zielvorgabe der Behörde gebunden.
Nachdem sich bereits im Februar 2000 eine der beiden Ärztinnen gegen die Rückführung des pakistanischen Ehepaars ausgesprochen hatte, wurde im Juni 2000 die zweite Ärztin vertretungsweise durch eine Sachbearbeiterin der Ausländerbehörde deshalb mit der Angelegenheit befasst, weil das zwischenzeitlich eingetroffene amtsärztliche Gutachten hinsichtlich der Frage Reisefähigkeit bzw. Flugtauglichkeit nicht eindeutig war. Diese zweite Ärztin kam im Juni 2000 ohne jegliche Einflussnahme durch Dritte – auch nicht durch den Präsidenten der Hamburgischen Ärztekammer – zu dem eindeutigen Ergebnis „reiseunfähig“. Dieser nahm nämlich erst im Juli 2000 telefonischen Kontakt zu der Ärztin auf.
Norbert Smekal, Einwohnerzentralamt (Ausländerbehörde)
Anm.: d. Red.: In diesem Leserbrief – wie auch in einer Pressemitteilung „bfi 23“ vom 23. 10. 00 – stellt die Ausländerbehörde unwahre Behauptungen auf, die einer Richtigstellung bedürfen.
1. Zielvorgabe: Der ärztliche Dienst wurde in der Ausländerbehörde eingerichtet, nachdem deren Leiter in einem Strategiepapier zum Thema Abschiebungen vom 28.4.99 – Titel: „Politische Ziele - Aktuelle Probleme“ – beklagt hatte, „dass die Zahl der durchgeführten Abschiebungen rückläufig ist“. Als Problem bezeichnete er die Verhinderung von Abschiebungen durch Vorlage ärztlicher Atteste. Es komme „äußerst selten vor, dass sich ein Amtsarzt über ein vorgelegtes Attest hinwegsetzt (...) Insofern trägt die regelmäßige Vorführung der abzuschiebenen Personen beim Amtsarzt zu keinerlei Entspannung der Situation bei“.
2. Einflussnahme durch Dritte: Die zweite Ärztin der Ausländerbehörde wurde keineswegs – wie im Leserbrief behauptet – erst im Juni mit dem Fall des pakistanischen Ehepaares befasst, sondern – wie von der taz zutreffend dargestellt – bereits im Frühjahr: Am 2. März hatte das Gesundheitsamt das Ehepaar als zwar flug-, nicht aber reisefähig bezeichnet. Am 13. April schrieb jene Ärztin an die Sachbearbeiterin der Ausländerbehörde, das Ehepaar sei flugfähig, woraufhin die Sachbearbeiterin die Abschiebung in ärztlicher Begleitung vorbereitete. Am 30. Mai legte die Internistin des Ehepaares erneut ein Attest vor: „Eine Rückkehr in seine Heimat ist für ihn und seine ebenfalls kranke und vorgealterte Ehefrau aus ärztlicher Sicht auf keinen Fall möglich.“
Am 28. Juni dann nahm der Anwalt des Ehepaares Akteneinsicht. Am selben Tag rief er die Sachbearbeiterin an und „erörterte die Angelegenheit nochmal ausgiebig“ mit ihr. Daraufhin bat die Sachbearbeiterin jene Ärztin, erneut das Gesundheitsamt zu dem Fall zu befragen. Erst daraufhin stoppte sie mit Vermerk vom 30. Juni die Abschiebung.
Die taz hamburg erhält ihre Darstellung folglich aufrecht.
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