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Ein amerikanisches Dogma

Echter Terror von echten Menschen: John Waters kommentiert mit „Cecil B. Demented“ den lang schon verlorenen Kampf des Undergroundfilms gegen das Mainstreamkino

Patty Hearst hat es vorgemacht. 1974 wurde die Tochter des Zeitungsmoguls Randolph Hearst von einem Politkommando entführt. Sie verliebte sich in den Anführer und stieg selbst bei der Symbionese Liberation Army ein. John Waters war von dieser Art „Stockholm Syndrom“ so fasziniert, dass er es in seinen neuen Film eingebaut hat. Der Undergroundregiesseur Cecil B. Demented (Stephen Dorff) kidnappt bei einer Gala den Hollywoodstar Honey Whitlock (Melanie Griffith). Sie soll die Hauptrolle in seiner Abrechnung mit der Filmbranche spielen. Dafür hat Cecil eine Sekte aus Kinodesperados versammelt, die sich Namen ihrer Lieblingsregisseure eintätowiert haben. Die Crew schreitet mit geschulterter Kamera zur Tat – Dogma made in USA. Es kommt zu einigen Erschießungen im Namen des „true cinema“; aber auch Whitlock ist begeistert von der Wut der Jugend – und greift zur Waffe.

Der Film im Film macht die Situation für alle Beteiligten hoffnungslos. Die letzten Szenen gehen im Shoot-out mit der Polizei unter vor jubelndem Publikum, das – Cecil sei Dank – Hollywood nun hasst und lieber Sex, Drogen und Trash von unten sehen möchte. Wieder einmal sympathisiert Waters mit scheiternden Outlaws und macht sich über Bürger lustig, die ihre Spießigkeit als letzten politisch korrekten Schick deklarieren. Allerdings schwimmt Waters vor lauter Kulturkampf die Erzählung davon: Wie soll man auch Sex mit Hamstern und die hohe Filmschule des Erich von Stroheim unter einen Hut bringen? HF

„Cecil B. Demented“. Regie: John Waters. Mit Stephen Dorff, Melanie Griffith u. a. USA 2000, 87 Min.

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