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Österreichs Freiheitliche stecken tief im Spitzelsumpf

Auftrag zur Bespitzelung ihrer Gegner könnte drei FPÖ-Abgeordnete die Immunität kosten. FPÖ-Justizminister zum Rücktritt aufgefordert

WIEN taz ■ Die Aufhebung der Immunität von drei FPÖ-Abgeordneten wurde gestern von der Staatsanwaltschaft beim niederösterreichischen Landtag in St. Pölten und beim Wiener Stadtrat beantragt. Der Prominenteste ist Hilmar Kabas, der gerne Bürgermeister von Wien werden möchte. Kabas und Kollegen werden verdächtigt, in der Polizei-Spitzelaffäre tragende Rollen gespielt zu haben. Gegen den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und den Ex-FPÖ-Fraktionschef Ewald Stadler wurden währenddessen in derselben Sache Vorermittlungen eingeleitet.

Die Affäre geht auf Anfang Oktober veröffentlichte Enthüllungen des ehemaligen FPÖ-Polizeigewerkschafters Josef Kleindienst zurück, der behauptetet, er selbst und viele andere parteinahe Polizisten hätten im FPÖ-Auftrag gegen missliebige Personen im zentralen Datensystem der Polizei „Ekis“ kompromittierendes Material gesucht.

Eine von Innenminister Ernst Strasser eingesetzte Sonderkommission bestätigte eine hohe Anzahl ungerechtfertigter Abfragen zu Prominenten aus Politik, Kultur, Presse und Kirche. Die meisten sind beliebte Feinde der FPÖ. Aber auch freiheitliche Funktionäre wurden via Ekis durchleuchtet. Kleindienst gab die Durchstöberung der Akte des Künstlers André Heller zu.

Die politischen Implikationen, also wer die illegale Bespitzelung in Auftrag gegeben hatte, wurden von der Sonderkommission zunächst nicht untersucht. FPÖ-Fraktionschef Westenthaler triumphierte, die Beschuldigungen gegen seine Partei hätten sich „in nichts aufgelöst“. Die Besetzung der Kommission mit Haider-Freunden ließ auch keine genauen Recherchen erwarten. Ein findiger Beamter leitete aber einen zentralen Akt an die Wirtschaftspolizei weiter, die unabhängig zu ermitteln begann.

Allein die bevorstehende Öffnung der Konten der freiheitlichen Polizeigewerkschaft, über die die Honorare für die Spitzeltätigkeit gelaufen sein sollen, dürfte handfeste Anhaltspunkte bieten. Der für diese Konten zeichnungsberechtigte Polizist und FPÖ-Stadtrat Michael Kreißl ist einer der vermutlichen Drahtzieher, dessen Immunität jetzt aufgehoben werden soll.

Der Grünen-Abgeordnete Peter Pilz freut sich schon auf den parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Denn von den freiheitlichen Polizisten seien viele bereit auszupacken. Während Hilmar Kabas, der im Wahlkampf gegen „Überfremdung“ plakatiert hatte, sich als Opfer einer Verschwörung sieht, zweifelt die Opposition nicht an der Stichhaltigkeit der Vorwürfe. Die Freiheitlichen hätten geglaubt, „sich der Polizei bedienen zu können, um andere fertig zu machen“, meinte Grünen-Sprecher Alexander Van der Bellen.

Zum Rücktritt aufgefordert wurde erneut Justizminister Dieter Böhmdorfer, der nach einem Bericht der Wiener Stadtzeitung Falter als Haider-Anwalt illegal beschafftes Material der Sicherheitspolizei vor Gericht verwendet haben soll. In einem Radiointerview bestritt Böhmdorfer nicht die Verwendung des vertraulichen Materials, versicherte aber: „Für mich waren alle Beweismittel, die ich bekommen habe, korrekt.“ RALF LEONHARD

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