Nachgehakt
: Not-„Sondergipfel“

■ Ministerpräsidenten treten bei Länderfinanzausgleich auf der Stelle

Schwerin (ddp) – Die Ministerpräsidentenkonferenz zum Thema Länderfinanzausgleich musste sich gestern mit herzlich wenig Erfolg voneinander verabschieden. Versuche, über Nacht wenigstens ein Papier zu erarbeiten, scheiterten, wie Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) ernüchtert feststellte. An der Abschlusskonferenz nahm keines der Geber-Länder teil. Die Notlösung heißt „Sondergipfel“ der Regierungschefs, geplant für den Januar. Zunächst soll eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Hamburg, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern versuchen, die „Konfliktpunkte zu reduzieren“.

Die Argumente, die Stoiber nach den Beratungen darlegte, waren genau jene, die er gut drei Stunden zuvor gebracht hatte. Von einer Million Mark Steuermehreinnahmen blieben dem Freistaat Bayern lediglich ganze 13.000 Mark, beklagte sich der bayerische Ministerpräsident. Den Geberländern bleibe vom Ertrag durch ihre gute Politik und gute Konjunktur zu wenig in den Kassen. Zwar sei auch für Bayern Solidarität eine Selbstverständlichkeit. Ob nach mehreren Ausgleichsstufen alle Länder aber auf gleiche 99,5 Prozent der durchschnittlichen Finanzkraft kommen müssen, stellte Stoiber in Frage. Das Grundgesetz spricht lediglich von einem „angemessenen“ Ausgleich.

Diese Erkenntnis hatte Bayern, Baden-Württemberg und Hessen veranlasst, vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. Die Karlsruher Richter befanden im vergangenen November, dass die bisherigen Regelungen nur noch als „Übergangsrecht“ bis Ende 2004 gelten dürfen. Ein neues Maßstäbegesetz, das die Grundsätze für die Finanzbeziehungen regelt, muss bereits bis Ende 2002 her. Da der Solidarpakt Ost Ende 2004 ausläuft, ist auch hier eine Anschlussregelung nötig. Die Notwendigkeit dazu wird von keiner Seite bestritten. Der Osten habe er die Hälfte des Weges zur Angleichung der Lebensverhältnisse im Westen zurückgelegt, sagte der Schweriner Regierungschef Harald Ringstorff (SPD).

Einig sind sich Bund und Länder, dass es Regelungen noch vor der Bundestagswahl 2002 geben soll. Die Bundesregierung will bis dahin die gesamte Neuregelung und bis zur Sommerpause 2001 das Maßstäbegesetz unter Dach und Fach haben. Zunächst bedarf es des Kompromisses auf allen Seiten, wie Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) anmahnte. Gegenwärtig forderten zehn der Länder mehr Geld und drei sagten, dass sie nichts geben wollten, klagte der Regierungs-chef. Wenn dies so bleibe, verändere sich nichts.

Die konkreten Verhandlungen der Experten dürften schwierig werden. Denn der bisherige Finanzausgleich ist ein kompliziertes Geflecht mit mehreren Stufen. Die originäre Steuerkraft der einzelnen Länder ist höchst unterschiedlich. Sie reicht von 34 Prozent des Durchschnitts in Sachsen-Anhalt bis zu 173 Prozent in Hamburg. Durch den vorgeschalteten Umsatzsteuerausgleich wird die Finanzkraft bereits stark angepasst. Die finanzschwachen Länder werden so auf 89 Prozent des Durchschnitts gehoben. Durch den Ausgleich an sich erreichen sie 95 Prozent und nach Ergänzungszuweisungen des Bundes 99,5 Prozent.

Stefan Uhlmann/ddp

vgl. Seite 23