: Mongolei bekommt Konkurrenz
Im Frühjahr startet der heiß ersehnte Direktflug in die Vereinigten Staaten. Bislang war die mongolische Hauptstadt Ulan Bator als einziges Fernziel direkt zu erreichen. Jetzt kann man auf dem Weg nach New York endlich auch in Washington umsteigen
von RALPH BOLLMANN
Am 25. März 2001, um 11.30 Uhr, wird Berlin wieder Metropole. Wer von Tegel aus nach New York starten will, der wird dann auch in der amerikanischen Hauptstadt Washington umsteigen können – statt wie bisher auf den Flughäfen von London oder Paris, Brüssel oder Frankfurt, Amsterdam oder Mailand. Mit dem Direktflug über den Atlantik erfüllt die Lufthansa einen lange gehegten Wunsch des Berliner Senats. Es kratzte am Selbstbewusstsein der neuen Kapitale, dass außer der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator kein Fernziel direkt zu erreichen war.
Vor allem CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky hatte sich für die Wiederaufnahme der Verbindung immer wieder stark gemacht. Die Kranich-Linie, giftete der Politiker, habe „kein Feeling für die Haupstadt“.
Das muss den Lufthansa-Chef Jürgen Weber schwer getroffen haben. Als der Konzern gestern den zehnten Jahrestag seiner Rückkehr nach Berlin beging, wollte Weber die Scharte wieder auswetzen. Er ließ es sich nicht nehmen, den Start der neuen Verbindung persönlich bekannt zu geben. Wirtschaftlich, daran ließ der Manager keinen Zweifel, steht das neue Angebot auf schwachen Füßen. „Wir gehen ein hohes unternehmerisches Risiko ein“, sagte Weber.
Von Berlin aus fliegen schon jetzt rund 500 Passagiere pro Tag in die Vereinigten Staaten, die meisten von ihnen jedoch als Touristen mit Billigticket. Für die Lufthansa lohnt sich die Verbindung aber nur, wenn genügend Geschäftsreisende das nötige Kleingeld für First oder Business Class springen lassen. Gerade daran haperte es bislang in der verarmten Millionenstadt ohne Hinterland. Nicht umsonst hatte Delta Air den letzten Direktflug nach Amerika vor zweieinhalb Jahren eingestellt.
So liest sich der Winterflugplan, der am morgigen Sonntag in Kraft tritt, noch wenig weltstädtisch. Von Tegel und Tempelhof starten die meisten Passagiere zu Zielen im Inland. München ist mit 25 Starts pro Tag der Spitzenreiter, dicht gefolgt von Köln, Düsseldorf und Stuttgart. Für die Lufthansa selbst, die auf den genannten Strecken mit der Deutschen BA konkurriert, ist dagegen Frankfurt die wichtigste Destination. Mit ihren Großraumjets kann die Gesellschaft täglich mehr als 3.000 Fluggäste an den Main karren, um sie von dort in alle Welt zu verfrachten.
Die Aussichten, dass auch der neuen Hauptstadt die Rolle eines solchen Drehkreuzes zukommen könnte, sind in letzter Zeit erheblich gesunken. Für die Fluglinie wäre das allenfalls wegen der Engpässe in Frankfurt interessant gewesen. Doch während die Hessen das Projekt einer neuen Landebahn energisch vorantreiben, reiht sich beim geplanten Berliner Großflughafen Panne an Panne. Dass der neue Airport in Berlin früher fertig ist als der Ausbau in Frankfurt, glaubt inzwischen kaum noch jemand.
Vorerst muss sich Berlin also mit dem abfinden, was es hat. Und das ist von Montag an immerhin ein Flug nach Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas – die zweite Fernverbindung neben Ulan Bator. Ansonsten sind bei den Linienflügen Ziele im Nahen Osten das fernste der Gefühle. Tel Aviv und Kairo, Damaskus und Amman werden von den jeweils nationalen Airlines mehrmals wöchentlich angesteuert.
Auch die alte Verbundenheit mit Osteuropa lässt sich im Flugplan noch studieren. Neben Klassikern wie der russischen Aeroflot oder der ungarischen Malev sind auch die Airlines der jungen Staaten im Geschäft, von Lithuanian bis zur weißrussischen Belavia. Und im Inland kann der Passagier bei Gesellschaften „mit beschränkter Haftung“ zusteigen: Die „Ostfriesische Lufttransport GmbH“ fliegt nach Paderborn, „RAS Fluggesellschaft mbH“ nach Mönchengladbach. Den Mannheimer Provinzflughafen steuert neuerdings Lufthansa höchstselbst an – ein Ereigenis, dem CDU-Generalsekretär Ingo Schmitt im Frühjahr höchste Bedeutung zumaß.
Vergleichsweise bescheiden nimmt sich, zumal im Winterhalbjahr, auch das Angebot an Charterflügen aus. Einzige Ausnahme: Die Ziele auf den Kanaren werden bis zu 12-mal täglich angesteuert. Übrigens: Unter den Charterzielen sind schon jetzt zwei amerikanische Destinationen – Puerto Plata und Punta Cana in der Dominikanischen Republik.
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