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Arbeitsfrei für die Anständigen

Die Industrie- und Handelskammer appelliert an Berliner Unternehmen, den Beschäftigen am 9. November die Möglichkeit zur Demoteilnahme zu geben. Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft fordert Unternehmen zu Betriebsschließungen auf

von JÖRG STREICHERT

Die bundesweite Demonstration gegen Rechtsextremismus zum 9. November soll, so hoffen die Veranstalter, Zehntausende von Menschen auf die Straße ziehen. Damit die Berlinerinnen und Berliner am kommenden Donnerstag auch die Möglichkeit haben, sich dem „Aufstand der Anständigen“ anzuschließen, appellieren Arbeitnehmer wie Arbeitgeberverbände an die Unternehmen, den Beschäftigten frei zu geben.

Gerhardt Buchholz, Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK), sagte gestern der taz: „Wir begrüßen die Demonstration grundsätzlich. Unsere Mitarbeiter bekommen ab 15 Uhr 30 Gelegenheit dazu, an der Sache teilzunehmen.“ Auch anderen Berliner Betrieben empfiehlt die IHK, den Mitarbeitern die Chance zur Demoteilnahme zu geben. „Aber das bleibt natürlich jedem einzelnen Unternehmen selber überlassen“, fügt Buchholz hinzu, bei den Mitarbeitern der IHK bestünde jedenfalls sehr großes Interesse.

Der Landesverband der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) ruft sogar zu Betriebsschließungen am 9. November auf. So soll den Beschäftigten die Möglichkeit zur Teilnahme an der Demonstration gegeben werden. Für Hartmut Friedrich von der DAG besteht hier nämlich bisher eine Lücke: „Da gibt es einen Aufruf, aber viele, die dahin wollen, müssen arbeiten.“

Deshalb bereitet die DAG wie auch viele Parteien verstärkt Infostände, Flugblätter und Plakate für die Tage vor der Demo vor. Bisher geht man von einer großen Bereitschaft zur Teilnahme aus. Es werden mindestens 30.000 Demonstrierende erwartet. Trotzdem wollen viele Parteien, Verbände und Organisationen noch einmal gezielt die Bevölkerung zum Mitmachen auffordern.

Roland Schröter, Landesgeschäftsführer der PDS, geht von einem hohen Interesse der Anhänger seiner Partei an der Aktion aus. „Aber auch sonst wird das ein richtig großes Ding für Berlin werden“, denkt er. Nach langem Zögern beteiligt sich an der Demonstration auch die CDU. Matthias Wambach, Sprecher der Berliner CDU, konnte aber noch nicht sagen, wie der CDU-Aufruf zur Beteiligung aussehen wird.

Die jüdische Gemeinde ist sich des vorhandenen Interesses ihrer Mitglieder sicher. Sie setzt daher auf Mund-zu-Mund-Propaganda und eine Anzeige in jüdischen Zeitungen. Auch Sabri Adak, Präsident der türkischen Gemeinde zu Berlin, hält die Demo für sinnvoll und gibt Nachfragenden Tipps, beispielsweise den, sich beim Marschieren ruhig zu verhalten.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gehen auf jeden Fall von einer großen Beteiligung aus. „Die U-Bahn fährt die ganze Zeit mit Vollzügen und kann bei Bedarf verstärkt werden“, erklärt BVG-Sprecherin Barbara Mansfield.

Eine richtig gute Idee hat der Landessportbund Berlin. Dietmar Bothe, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, erklärt: „Wir wollen über Berliner Spitzenathleten Öffentlichkeit erzeugen. Sportler und Trainer sollen die Leute dazu auffordern, bei der Demo mitzumachen.“ Näheres wird allerdings erst nächste Woche erörtert. Bothe hält die Teilnahmebereitschaft grundsätzlich für „sehr, sehr hoch.“

Auf der Internet-Homepage unter „www.wir-stehen-auf-fuer-menschlichkeit-und-toleranz.de“ ist ein Forum für diejenigen geschaffen, die sich dem Aufruf noch anschließen wollen. Der Zugriff auf die Netzseite ist ungewöhnlich hoch. Dementsprechend rechnen die Veranstalter auch mit einem außergewöhnlichen Zulauf zur Demonstration – trotz der Debatte um die „deutsche Leitkultur“ in den vergangenen Tagen.

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