: Intergrüne Gegensätze
■ GALierInnen streiten über „Multikulti“. Möller: Nicht an den Mainstream anpassen
„Das Prinzip Multikulturalität ist Grundlage grüner Politik, und es gibt keinen Grund, das aufzugeben“, sagt GAL-Fraktionsvorsitzende Antje Möller. Ihre Stellvertreterin und migrationspolitische Sprecherin Christa Goetsch warnt: „Die Aussage von Renate Künast setzt falsche Signale.“ Wie in der Bundespartei hat die Forderung der grünen Bundessprecherin Künast, den Begriff „Multikulti“ durch „Verfassungspatriotismus“ zu ersetzen, auch im Hamburger Landesverband für Diskussionen gesorgt.
Für Möller beschreibt „Multikulturalität“ Realität und Ziel zugleich: „Eine Gesellschaft, in der Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Wurzeln leben.“ Auch Hamburg ist eine Einwanderungsstadt, stellt Goetsch fest, „ausgezeichnet mit Sprachenreichtum und vielen verschiedenen Religionen“. Dass Probleme wie soziale Ausgrenzung und Rassismus noch nicht überwunden sind, so Möller, „daran muss man arbeiten“, anstatt sich durch neue Begriffe „an den Mainstream anzupassen.“ Goetsch sagt: „Grüne Politik in Hamburg heißt offensive Einwanderungspolitik.“ Monokultur sei schon immer schlecht gewesen. Mit dem Wort „Verfassungspatriotismus“ kann Möller in diesem Zusammenhang nicht viel anfangen: „Ich weiß nicht, wie man das mit Leben füllen sollte.“
Der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Mahmut Erdem kritisiert, Künast argumentiere mit falscher Betonung: „MigrantInnen sollen jetzt die Treuesten der Treuen sein.“ Allerdings sei der Begriff „Multikulti“ auch zu idealistisch: „Die gleichberechtigte Teilhabe von Migranten an der gesellschaftlichen Entwicklung ist nicht gegeben.“ Außerdem würden mit dem Hinweis auf die Kultur soziale Gegensätze kaschiert. Erdems schlägt als Alternativbegriff die „interkulturelle Gesellschaft“ vor.
Einen grundlegenden Richtungswandel in der Migrationspolitik will Möller aus Künasts Äußerung nicht „herauslesen“. Sollte die Bundesspitze diesen aber wollen, „dann wird es mit Sicherheit heftige Debatten in der Partei geben“.
Heike Dierbach
Siehe auch Kommentar
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen