die rolle der frau:
von WIGLAF DROSTE
Wenn man gefragt wird, welche Eigenschaften man an einer Frau besonders schätzt, kann man eine Menge ins Spiel bringen, was die fünf Sinne erfreut: Schönheit, weil man nicht blind geboren wurde, Intelligenz, Klugheit und eine keiffreie Stimme, weil man nicht taub ist, lecker riechen und schmecken ist ganz wichtig, und der Tastsinn empfindet Vergnügen, ja Jubel an einer gewissen Griffigkeit. Leidenschaft, Hingabe, Weisheit und Sanftmut sind auch feine Sachen, und höchst beglückend ist die Fähigkeit zu erkennen, wann es geraten ist, einfach mal den Schnabel zu halten.
Das alles aber, vor allem Letzteres, gilt auch für Männer. Es muss da bei Frauen noch etwas anderes geben, etwas Magisches, und ich glaube, ich weiß, was es ist. Es ist die Rolle der Frau. Ich meine das nicht gesellschaftlich. Das Gendergeschwatze überlasse ich gerne den dafür gut geeigneten Wichtigköpfen, und die von Alice Schwarzer ein Leben lang und erst kürzlich wieder in jetzt, der Kinderbeilage der Süddeutschen Zeitung repetierte Behauptung, sie – und sie ganz allein – habe Deutschland im Sinne des Frauenrechts zivilisiert, ist so langweilig, dass sie nicht einmal mehr zum Widerspruch reizt. Man kommentiert ja auch Wolf Biermanns Eigensaga nicht mehr, die ihn als Ein-Mann-Helden und solitären Bezwinger der DDR ausweist. Wer sich aber für das von Schwarzers eigenen Lügen entkleidete, wahrhaft bundesverdienstkreuztaugliche Leben Alice Schwarzers interessiert, dem möchte ich Kay Sokolowskys materialreiches, haarfein geschriebenes Buch über Alice Schwarzer empfehlen: „Who the fuck is Alice? Was man wissen muss, um Alice Schwarzer vergessen zu können.“
Aber ich schweife ab vom Schönen. Die Rolle der Frau. Ich spreche nicht von dicken Frauen. Dick bin ich selber. Ich meine nicht das, was spießig und verdruckst als „üppig“ oder, Gipfel der Klemmsprache, als „Rubens-Figur“ beschrieben wird. Ich spreche von einem kleinen Halbmond unter dem Nabel. Schöne Frauen haben sie, die Rolle der Frau – die süße, kleine Rolle am Bauch. Einmal, als sehr junger Mann, schrieb ich mit einem schwarzen Edding genau diese Worte auf die hübsche Bauchtasche der neben mir Schlummernden: Die Rolle der Frau. Sie erwachte – und fragte mich nicht unempört, ob ich sie noch alle hätte. Ich hoffte doch, gab ich zur Antwort, verlegte mich aufs Beschwatzen und Beschwichtigen und war mir sicher, die Sache mit ein paar elegant übertriebenen Komplimenten aus der Welt schaffen zu können. Weil aber in den Achtzigerjahren Frauen und Männer erbitterter und prinzipienfixierter aufeinander einhieben, als sie das heute tun, und weil der Edding acht Jahre lang nicht abging, brachte die Sache mir doch Verdruss ein.
Doch ich bereue nichts. Im Gegenteil. Ich verfeinerte meine Anbetung. Die Fütterungsreflexe, die schlanke Frauen bei mir auslösen, ließen mich zu einem versierten Koch heranreifen. Mein Leben hat einen Sinn gefunden, ein Ziel: Frauen in meine Küche einladen. Schon nach kurzer Zeit ist sie da, die wundervolle Rolle der Frau.
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