: Kindergarten im Wartezimmer
Verhandlungen über Kita-Card sind zunächst unterbrochen ■ Von Kaija Kutter
Während Eltern und Erzieher heute auf die Straße gehen, um gegen die geplante Kita-Card-Reform zu protestieren, tut sich von offizieller Seite erstaunlich wenig. So sind die Gespräche zwischen Amt für Jugend und Trägern über die Kita-Card seit vier Wochen unterbrochen. „Anderhalb Jahre lang wurde unter Hochdruck verhandelt“, wundert sich Elimar Sturmhoebel vom alternativen Wohlfahrtverband „Soal“. Und nun habe die Behörde auf einmal „alle Zeit der Welt“. In Heimleiterkreisen kursierte gestern gar das Gerücht, die Kita-Card werde verschoben.
„Wir führen in diesen Tagen gar keine Gespräche mit den Trägern“, sagt der zuständige Abteilungsleiter, Jürgen Näther. Es habe „internen Beratungsbedarf“ gegeben, der auch „politische Beratungen“ ausgelöst habe. Gleichwohl bemühe man sich, den Zeitplan einzuhalten. Näther: „Es gibt keine neue Entscheidungslage.“
Vieles spricht dafür, dass die bis heute unter Verschluss gehaltene Iska-Studie (Institut für soziale und kulturelle Studien), die den künftigen Bedarf nach Kita-Plätzen erhellen sollte, die Chef-Planer in der Hamburger Straße vor unlösbare Probleme stellt. Würden, wie ursprünglich versprochen, berufstätige Eltern einen Rechtsanspruch für einen Kita-Platz bekommen, hätten Kinder, die aus sozialen Gründen einen Platz brauchen, das Nachsehen. Auch das jüngste Behördenplanspiel, berufstätige Mütter, deren Männer verdienen, bei der Versorgung mit Kita-Plätzen an die letzte Stelle zu stellen, kommt bei Rot-Grün-Wählern nicht gut an.
Daneben stecken aber auch die Verhandlungen mit den Trägern über Personalstandards und andere Details in der Sackgasse. Am Tisch sitzen neben der Städtischen Vereinigung (22.000 Kita-Plätze) und soal (3000 Plätze) auch noch die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtverbände, AGfW (20.000 Plätze). Letztere hat vor 14 Tagen von sich aus die Verhandlungen unterbrochen, um zu verhindern, „dass sich die pädagogischen Standards mit der Kita-Card verschlechtern“, wie AGfW-Sprecher Kurt Edele erklärt.
Ein Knackpunkt ist die künftige Auslastung, die den Pflegesatzpauschalen zu Grunde gelegt wird, denn im Kita-Card-System würden nur noch tatsächlich belegte Plätze bezahlt. „Die Stadt will das Risiko zu 100 Prozent auf die Träger abwälzen“, kritisiert Elimar Sturmhoebel. So komme eine Kita nur auf ihre Kosten, wenn sie zu 100 Prozent ausgelastet ist. Laut Sturmhoebel müsste aber eine 95 prozentige Auslastung zu Grunde gelegt werden, um Konkurse zu vermeiden.
Auch über die Frage des Personalschlüssels, der Versorgung mit Leitungsstunden und die Verteilung des künftigen Kita-Budgets auf die sieben Hamburger Bezirke gibt es noch keine Einigung. Sollte dies so bleiben, könnte der Senat diese Dinge einfach auf dem „Verordnungsweg“ von oben diktieren. Aber auch dies käme so kurz vor der Wahl nicht gut an.
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