NICARAGUA: SANDINISTEN GEWINNEN WAHLEN IN MANAGUA: Zeichen der Zeit
Zehn Jahre nach ihrer historischen Wahlschlappe von 1990 scheinen sich die Sandinisten langsam zu erholen. Der Sieg von Herty Lewites bei der Bürgermeisterwahl in Managua lässt sie auf mehr hoffen. Denn wer die Hauptstadt gewinnt – das ist in Zentralamerika schon fast eine Regel –, der gewinnt auch die nächste Präsidentschaftswahl. Die steht in Nicaragua im November 2001 an.
Für Euphorie freilich ist es zu früh. Denn Lewites ist nicht die FSLN. Er verdankt seinen Wahlsieg zum einen der Tatsache, dass den Liberalen von Präsident Arnoldo Alemán mit den ebenfalls rechten Konservativen unerwartete Konkurrenz erwachsen ist. Zum anderen schaffte es Lewites, auch Wähler für sich zu vereinnahmen, die nicht zu den rund 30 Prozent Sandinista-Stammwählern im Lande gehören.
Der Sandinist Lewites führte keinen Wahlkampf in den traditionellen Parteifarben Schwarz und Rot. Er plakatierte in neutralem Gelb. Und als Tomás Borge, der Wadenbeißer von Parteichef Daniel Ortega, die guten Umfrageergebnisse von Lewites für die FSLN vereinnahmen wollte, wies ihn der Kandidat harsch zurück: Dies sei seine Wahl und nicht die der sandinistischen Partei.
Sein Wahlsieg gibt Lewites Recht. Er zeigt, dass dem traditionellen sandinistischen Machtzirkel eine Konkurrenz erwachsen ist, die bei den Nicaraguanern mehr Chancen hat als der abgewirtschaftete Dauerkandidat Ortega. Unter der Hand wird bereits Victor Hugo Tinoco, zweiter Mann der Parlamentsfraktion, als möglicher Präsidentschaftskandidat gehandelt. Der gehört wie Lewites zum eher gemäßigten Flügel der Sandinisten.
Die Frage ist, ob Ortega das Zeichen der Managua-Wahl versteht. Neuerdings legt er wieder Wert darauf, mit „Comandante“ angesprochen zu werden. Den Machtapparat der Partei hat er noch immer fest im Griff. Nutzt er ihn weiter zu seinen Gunsten, kann der Sieg von Managua bei der Präsidentschaftswahl wieder verspielt werden.
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