piwik no script img

Abschied der Meckerfritzen

Die NDR-Tatortkommissare sind pensionsreif. Manfred Krug hat jetzt auch keine Lust mehr auf Krimis und singt lieber  ■ Von Peter Ahrens

Manfred Krug schaut in die Runde der versammelten Journaille und ist der Meinung, „wir haben gerade eine knackige und wahnsinnig ehrliche Pressekonferenz erlebt“. Der Seelenstriptease eines scheidenden Tatort-Kommissars. Wer kannte zuvor die Tatsache, dass für Krug ein gutes Krimidrehbuch eine spannende Geschichte erzählen muss, „in der alle Teile sinnvoll miteinander verflochten sind“? Wer ahnte, dass das Gesinge mit Tatort-Partner Charles Brauer entstand, weil „beide in den Drehpausen im Wohnwagen ein bisschen geträllert haben“? Wer wollte immer schon wissen, dass Charles Brauer „beschissen kocht“? Paul Stoever, Tatort-Kommissar aus Hamburg und Kollege Brockmöller, kurz Brocki, gehen in Pension und laden zur Abschluss-pressekonferenz ins Studio Hamburg.

Da sitzen nach eigenen Angaben „zwei Meckerfritzen“, Stoever und Brocki, Waldorf und Statler. An diesem Morgen ist Krug mal einigermaßen gut gelaunt. Kein Wunder, denn „ich bin in einer Lebensphase, in der ich das Wort Tatort nicht mehr hören kann“. Muss er bald nicht mehr: „Tod auf Scharhörn“ ist der letzte NDR-Krimi in der Besetzung Waldorf/Statler – und wer ein passionierter Meckerfritz ist, ist natürlich nicht zufrieden: „Das Buch für den Abschluss-Tatort ist nicht so knuffig, wie ich mir das gewünscht hätte“, bekommt der Drehbuchschreiber noch eins mit.

Und ist damit nicht der einzige. Mit Pressemenschen stand er immer schon auf Kriegsfuß, und Krug sagt warum: „Eine Zeit, in der irgendein Komiker eine Tussi im Teppichladen flachlegt und darüber acht Wochen geschrieben wird – das ist nicht mehr unsere Zeit.“ Deshalb schlage er die besagte Zeitung nicht mehr auf: „Das ist mir so wurscht, ob es da eine Naddel oder Knaddel gibt.“ Und im Fernsehen zappt er so lange herum, bis er „irgendwo ein Murmeltier findet, das an seinem Bau arbeitet“. So ein Murmeltier, das kennt kein Falsch, ist ehrlich, gerade und natürlich. Nicht wie die Menschen.

Ansonsten ist Manfred Krug Manfred Krug, immer, im Film genau wie im Leben. Er beherrscht die Szenerie, Brocki hat nicht viel zu sagen, es ist die Krugsche One-Man-Show. Er will nicht mehr „hinter jedem Produzenten herrennen, der mit einem schlappen Drehbuch winkt“, er will „sich vielleicht künftig über die Dächer von Berlin setzen und was schreiben, am bes-ten was, was unverfilmbar ist“. Ob es in der langen Tatort-Zeit irgendwelche lustigen Geschichten gegeben hat, will eine wissen. Nee, „wir haben keine Anekdoten zu bieten.“ 41mal hat er den Stoever gegeben. Sein Lieblingstatort von denen? „Reifezeugnis“. Der Kommissar damals hieß Finke und wurde von Klaus Schwarzkopf gespielt.

Am liebsten will er übers Singen reden. Und nicht nur reden. Ungefragt gehts los. Waldorf und Statler stecken die Köpfe zusammen: „Somewhere over the Rainbow.“ Gibts auch auf CD, erfährt man, und dass von den Journalisten im Raum die ja wahrscheinlich noch keiner gehört hat. Außerdem gibts noch eine CD: „Manfred Krug liest Manfred Krug, ist auch eine schöne Platte.“ Ganz ehrlich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen